Prozesslandkarte & QM-System

Gehören Prozesslandkarte & QM-System zusammen?

Die DIN EN ISO 9001:2015 ist noch prozessorientierter aufgebaut als die Vorgängerversion. Dies führt zu der von Auditoren immer wieder gestellten Frage nach der Prozesslandkarte. Ich selbst erwische mich auch immer wieder dabei, dies von meinen Kunden zu fordern. Doch ist es wirklich notwendig, eine Prozesslandkarte zu erstellen und sprechen wir dann gleich von Prozessmanagement? Was fordert die Norm und was ist sinnvoll?

 

Weshalb Prozesse und Prozesslandkarte erstellen

Warum?

Warum sie eine Prozesslandkarte erstellen sollten

Die Anforderung in der Norm für Qualitätsmanagement ist im Kapitel 4.4.1 zu finden:

  • die Bestimmung der notwendigen Prozesse
  • die Abfolge und Wechselwirkung dieser Prozesse zu bestimmen
  • die erforderlichen Eingaben und zu erwarteten Ausgaben bestimmen
  • die Prozesse zu verbessern
  • Ressourcen und Verantwortlichkeiten bestimmen
  • Risiken & Chancen bestimmen und behandeln
  • Kriterien und Verfahren zur Überwachung bestimmen

Das sind ziemlich viele Punkte in Bezug auf die Prozesse des Unternehmens, die betrachtet werden müssen, um entsprechend der DIN ISO 9001 zu handeln. Die ersten zwei Punkte dieser Aufstellung fordern ganz klar, eine Übersicht zu schaffen und das kann durch Prozesslandkarten erfolgen – ein umfangreiches Prozessmanagement ist nicht gefordert (wobei zu diskutieren wäre, was unter Prozessmanagement zu verstehen ist – aber das wird ein anderer Artikel).

Doch nicht nur im Sinne der Norm macht es Sinn, sich einen Überblick über die Prozesslandschaft des Unternehmens (bzw. der Organisation) zu verschaffen. Sie bildet zusätzlich die Grundlage für detaillierte Prozessbeschreibungen. Diese erfüllen einerseits die restlichen Forderungen der oben genannten Punkte und andererseits dienen sie mit der Prozesslandkarte gemeinsam den Mitarbeitern zur Orientierung und Übersicht.

 

Checkliste – Vorgaben

Gibt es Vorgaben?

Gibt es Vorgaben zum Erstellen von Prozesslandkarten? Die Normen regeln doch sonst auch so viel! Ich darf sie beruhigen – sie sind da völlig frei. Sie könnten zum Beispiel Grafiken verwenden. Denkbar sind aber auch Tabellen oder verbale Beschreibungen. Doch bevor sie sich Gedanken zur Darstellung machen, sind andere Schritte nötig.

Welche Prozesse haben sie im Unternehmen? Welcher Prozess ist die Voraussetzung für welchen nachfolgenden? Oder anders ausgedrückt, was passiert im Unternehmen in welcher Reihenfolge? Welche Dinge müssen erst erledigt sein, bevor weitere Arbeiten erfolgen können.

 

Die drei Prozesstypen

Hierzu ist es notwendig, dass sie die drei wichtigsten Prozesstypen kennen. Welche sind das und was bedeuten sie? Gibt es sie in jedem Unternehmen (Organisation) völlig unabhängig von der Unternehmensgröße und der Branche oder der Produkte bzw. Dienstleistungen, die erstellt werden?

Um es vorweg zu nehmen: ja – es gibt sie überall und sie bilden praktisch eine gewisse Ordnung. Aber auf keinen Fall zielt die Unterscheidung auf eine besondere Stellung in Bezug auf die Wichtigkeit im Unternehmen ab. Jeder der Prozesse ist wichtig für das Gelingen im Unternehmen und die Sicherung der Zufriedenheit der Kunden. Denn nur wenn die Kunden gern und am besten wiederholt bei uns kaufen, ist das Unternehmen auf lange Sicht erfolgreich.

Was sind jetzt diese drei Prozesskategorien? Wir sprechen hier von den Führungsprozessen (auch gern als Managementprozess bezeichnet), den Wertschöpfungsprozessen (Kernprozesse) und den Unterstützungsprozessen (oder auch Hilfsprozesse genannt).

Wertschöpfungsprozess, Führungsprozess, Unterstützungsprozess, Prozesslandkarte

Prozesstypen

Führungsprozesse

Das sind die Prozesse, die nötig sind um ein Unternehmen leiten und lenken zu können. Hier werden die Politik und Strategie vom Management festgelegt und somit die Weichen gestellt. Zudem werden Budgets, Standards, aktuelle Ziele und Kontrollmechanismen festgelegt.  Typische Führngsprozesse sind zum Beispiel Personalentwicklung, Finanzmanagement, Qualitätsmanagement oder auch die Managementbewertung.

Wertschöpfungsprozesse

Darunter versteht man die Prozesse, die das Kerngeschäft des Unternehmens betreffen. Sie sind somit die WERTschöpfenden Prozesse. Alternativ können sie auch als Leistungs-, Haupt- oder auch Kernprozesse beschrieben werden. Hier werden die Tätigkeiten durchgeführt, die am Ende ein Produkt oder eine Dienstleistung ergeben. Diese Prozesse machen also den Kern des Geschäftes aus und dienen dazu, ein Produkt oder eine Dienstleistung dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Sie stehen in direkter Verbindung mit den Kunden und schließen alles ein, womit das Unternehmen sein Geld verdient. In einem Produktionsbetrieb sind das beispielsweise Vertriebsprozesse, Beschaffung, Fertigung, Montage und Versand.

Unterstützungsprozesse

Diese Prozesse sind für den Betrieb des Unternehmens unerläßlich und sorgen dafür, dass die Hauptprozesse überhaupt möglich sind und reibungslos ablaufen können. Hierzu gehören zum Beispiel die Wartung, Prüfmittelüberwachung, Beschwerdemanagement oder auch die IT. Sie tragen somit indirekt zur Wertschöpfung bei. Es ist zudem möglich, diese auch an externe Dienstleister auszulagern. Da diese häufig genau auf die Tätigkeit spezialisiert sind, kann die Auslagerung auch zu einer besseren Qualität der Durchführung und Kostenersparnissen führen.

 

Prozesslandschaft

Unterscheidung möglich?

Ist immer alles klar zu definieren?

Es kann auch sein, dass es ihnen schwer fällt, genau zwischen Unterstützungs- und Wertschöpfungsprozessen zu unterscheiden. Ein Beispiel kann dies ganz gut verdeutlichen. Ist der Einkauf (Beschaffung) ein Kern- oder Unterstützungsprozess? Es kommt ganz darauf an, was hauptsächlich eingekauft werden soll. Handelt es sich um einen auftrags- oder projektbezogenen Einkauf, so ist es ein Kernprozess. Ein Sammeleinkauf wäre ein Unterstützungsprozess.

Meiner Ansicht nach ist es aber auch nicht zu Hundertprozent wichtig, zu wissen, welcher Prozess jetzt definitiv in welche Kategorie fällt. Viel wichtiger ist es, eine Übersicht zu schaffen, die alle Mitarbeiter verstehen. Und da ist es letztendlich egal, in welcher Ebene vereinzelte Prozesse in der Prozesslandkarte zu finden sind. Und achten sie unbedingt darauf, dass sie nicht zu kleinteilig werden und Begriffe verwenden, die ihre Mitarbeiter verstehen. Fachspezifische Namen sehen vielleicht gut und wichtig aus, aber sie verhindern möglicherweise die Identifikation der Mitarbeiter.

 

Prozesslandkarte erstellen

Gemeinsame Lösungsfindung

Wie erstellen sie die Prozesslandkarte?

Sie sollten überlegen, welche Vorgänge im Unternehmen wiederholt stattfinden. Diese sollten sie dann in Form von Prozessen beschreiben. In meiner Beratungstätigkeit hat es sich bewährt, sich im Team zusammenzufinden und zu überlegen, welche Haupttätigkeiten  und Bereiche sie im Unternehmen haben. Diese ergeben dann zusammen die Prozesslandkarte.

Nehmen sie z.B. Karten in A5 Größe oder auch einfach Zwischenblätter für Ordner (diese haben den Vorteil, dass sie in nahezu jedem Unternehmen vorhanden sind – außer sie arbeiten schon vollständig digital). Notieren sie auf diesen Karten alle Unternehmensvorgänge möglichst weit gefasst. Achten sie darauf, dass sie nicht mehr als 15 – 20 Prozesse definieren.

Diese Karten können sie nun auf einer Pinnwand oder einem großen Tisch so anordnen, dass sie eine Übersicht ihres Unternehmens erhalten. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass alle Teammitglieder mitarbeiten können und eine rege Diskussion angeregt wird. Zudem können sie so jederzeit Veränderungen und Verschiebungen ganz unproblematisch einbringen.

Anschließend, wenn alle mit der gefundenen Version einverstanden sind, fotografieren sie das Ergebnis und lassen alles erst einmal sacken. Zwei Wochen später sollten sie die Karten erneut genau so auf den Tisch oder die Pinnwand aufbringen. Prüfen sie im Team erneut, ob es noch alle genau so sehen wie zwei Wochen zuvor. Wenn ja, dann holen sie ein paar weitere Mitarbeiter hinzu. Wenn diese ihre Gedankengänge nachvollziehen können: Glückwunsch! Sie haben ihre Prozesslandkarte und können zum nächsten Schritt, der Aufnahme der Prozesse (siehe auch im Artikel Zeitmangel und Stress reduzieren) im einzelnen übergehen, um die restlichen Anforderungen der DIN EN ISO 9001 zu erfüllen.

Ein Beispiel gefällig?

War das jetzt alles viel zu theoretisch für sie? Jedes Unternehmen hat zwar seine individuelle Prozesslandschaft, aber ein Beispiel zur besseren Vorstellung ist vielleicht nicht schlecht. Es kann sie auf den richtigen Weg bringen und als Richtschnur gelten. Hier können sie eine Variante als Vorlage downloaden.

KVP Methoden - Isofee hilft bei der Umsetzung