Führungsstile – Was Sie schon immer darüber wissen wollten
Warum dieser Artikel?
Seit ich berufstätig bin, beschäftigt mich das Thema Führung. Dabei ging und geht es um die Führung von Mitarbeitern. Somit stellte sich auch immer wieder die Frage, warum dieser oder je- ner Führungsstil genutzt wird. Das war in der ersten Zeit als Mitarbeiter und später als Geschäfts- führer so. Und heute als Berater, Trainer und Coach noch viel intensiver. Ich habe in den vergan- genen mehr als 3 Jahrzehnten viele Facetten und Denkrichtungen in Bezug auf Führungsstile im wortwörtlichen Sinn „erleben“ dürfen.
Momentan stehe ich ständig vor der Problematik, dass in in den Unternehmen Prozesse optimiert werden ODER die Führungskräfte geschult werden. Die Kombination aus beidem erfolgt leider recht selten. Und da ich als ISOfee die Betriebe ganzheitlich unterstützen möchte, ist das Thema Führung inzwischen auch zu meinem Herzensthema geworden. Somit werde ich in den nächsten Wochen diesen Artikel regelmäßig ergänzen und erweitern. Dabei wird es um die unterschiedlichs- ten Facetten von Führungsstilen gehen aber auch um Beispiele aus der Praxis.
Was noch wichtig ist..
Ach übrigens – ich finde es schwierig, immer auf die „Genderisierung“ zu achten – es macht die Texte meiner Meinung nach viel schwieriger zu lesen. Und da ich ein Verfechter der Einfachheit bin, so werde ich bei der teilweise männlichen Schreibweise (Mitarbeiter, Geschäftsführer, Trainer….) bleiben. Es wird sich hoffentlich niemand schlecht dabei fühlen, denn gemeint sind natürlich alle.
Zudem möchte ich gerne mit dem „Artikel-Du“ arbeiten. Ähnlich dem „Tages-Du“ bei Seminaren und Trainings. Das gibt uns mehr Nähe und vielleicht Ihrem (uups… Deinem) Unterbewusstsein die besseren Aufnahme- und Verarbeitungschancen.
Ich freue mich auch auf einen regen Gedankenaustausch in den Kommentaren. Ihr dürft mir selbstverständlich jederzeit Fragen mit auf den Weg geben, die ich dann gerne für alle Interessierten beantworte. Denn wenn dich die Frage beschäftigt, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es andere Leute auch beschäftigt. Es traut sich nur nicht jeder, seine Fragen zu stellen. Wenn du also fragst, dann tust du auch anderen Menschen einen Gefallen. So…, jetzt geht es aber auch los:
- Definition
- Autoritär
- Kooperativ
- Laissez-Faire
- Tradierend
- Theorie & Praxis
- Zusammensetzung des Teams
- Situation
- Toleranz und Respekt
- Umgangsformen
- Anerkennung
- Lob vs. Anerkennung
- Wertschätzung
- Vorbilder
- Vorurteile & Glaubenssätze
- Miteinander reden
- Selbstwertkonto
- Selbstreflexion und Teamerfolg
- Erfolge festhalten
- Geben und nehmen
- Fremd- und Selbstwahrnehmung
- Intrinsische Motivation
- Hier geht es weiter
Führungsstil – eine Definition
Was kann man denn nun eigentlich als Führungsstil definieren? Was verbirgt sich dahinter? Gibt es überhaupt eine gemeingültige Definition?
Unter Führungsstil versteht man im Allgemeinen die Art und Weise, wie Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten / Chef geführt werden. Also eigentlich ist es „nur“ das Verhalten gegenüber dem Mitarbeiter. Was macht dieser oder eben auch nicht, um ein Ergebnis oder Verhalten zu erreichen.
Es gibt inzwischen ein Vielzahl von Führungsstilen:
- autoritär
- kooperativ
- Laissez-faire
- zweidimensional
- dreidimensional
- agil….
Die Liste lässt sich gefühlt ewig in die Länge ziehen. Und sie wird immer länger. Wenn neue Dinge gerade en vogue sind, dann gibt es ganz sicher auch einen neuen Führungsstil. Ob das immer Sinn macht? Darüber lässt sich sicherlich trefflich streiten.
Aber gerade der Führungsstil hat einen sehr entscheidenden Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter. Wobei ich sogar noch einen Schritt weiter gehen möchte und behaupte: Der Führungsstil hat auch einen großen Einfluss auf die Führungskraft selbst. Was ich damit meine? Ihr dürft gespannt sein…
Jetzt kommen erst einmal ein paar Beschreibungen verschiedener Führungsstile, die in der Literatur zu finden sind. Damit erhaltet ihr einen kleinen Überblick, welche Begrifflichkeiten es in Bezug auf Führung so im allgemeinen gibt. Es ist schließlich immer gut zu wissen, wovon der andere redet. Vera F. Birkenbihl hat einmal gesagt, dass Kreativität erst mit Wissen entstehen kann. Also erst, wenn ich ein gewisses Maß an Sachkenntnis habe, kann ich die Vor- und Nachteile erkennen und mein Verhalten entsprechend ausrichten oder mein Unterbewusstsein „arbeiten“ lassen.
Der deutsche Sozialpsychologe Kurt Lewin (1890 – 1947) ist einer der Mitbegründer der experimentellen Sozialpsychologie. Er führte gemeinsam mit Ralph White und Ronald Lippitt das Experiment „patterns of aggressive behavior in experimental created ‚social climates‘“ durch. Es wurde in diesem Experiment und in weiteren experimentellen Forschungen der Frage nachgegangen, wie sich das Verhaltens und die Arbeitsleistung einer kleinen Gruppe unter der Variation der Führungsstile verändert (https://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Lewin). Es handelte sich dabei um die drei „klassischen“ Führungsstile (autoritär, kooperativ, Laisses-faire).
Autoritärer Führungsstil
Was ist nun unter dem autoritären Führungsstil, der auch als hierarchisch bezeichnet wird, zu verstehen?
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass es sich dabei um einen Führungsstil handelt, bei dem einer die Macht hat, Gehorsamkeit gefordert wird und eine strenge Hierarchie herrscht. Sehr häufig hat diese Person dabei eine hohe Fachkompetenz. Dies wird allerdings zu einem Problem, wenn diese Kompetenz von den Mitarbeitern angezweifelt wird.
Der autoritär Führende ist in der Regel sehr ehrgeizig und ist stark leistungsorientiert. Auf Grund seiner hohen Fachkompetenz und Machtdominanz fällt er sehr schnell Entscheidungen. Dies birgt allerdings die Gefahr der Fehlentscheidungen. Es ist schließlich niemand da, der gegebenenfalls beratend eingreifen könnte oder der auf andere Aspekte hinweisen dürfte. Mitarbeiter dürfen keine oder nur selten Ideen einbringen und somit liegen deren Kompetenzen brach.
Die Aufgabenverteilung erfolgt ohne Diskussion. Kontrolle wird dabei groß geschrieben. Es kann von starren Regeln und Abläufen ausgegangen werden. Wenn einmal etwas festgelegt wurde, dann wird nicht darüber diskutiert. Es bleibt so lange genau so, bis die Führung etwas neues festlegt. Wenn Fehler und Abweichungen von diesen Regeln erfolgen, wird nicht nach den Ursachen geforscht, sondern bestraft. Zudem ist es möglich, dass die eingesetzten Regeln und Abläufe nicht unbedingt sinnvoll organisiert und eher unproduktiv angelegt sind. Da aber nicht darüber diskutiert werden darf, wird keine gute Innovation möglich sein.
Distanzaufbau
Durch diese Vorgehensweise entsteht eine große Distanz zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitern. Zudem werden die Erfolge nur der Führung zugeschrieben. Wenn aber Schwierigkeiten oder Fehler auftreten, dann sind garantiert die Mitarbeiter schuld. Sie werden sehr häufig als nicht kompetent oder als unwillig diffamiert. Dies wiederum kann zur Folge haben, dass eine hohe Mitarbeiterfluktuation und / oder ein hoher Krankenstand entsteht. In der heutigen Zeit kann genau dies zu einer massiven Imageschädigung führen und somit sogar die Existenz des Unternehmens bedrohen.
Kennt ihr den Spruch „Wenn die Katze aus dem Hause ist, dann tanzen die Mäuse auf dem Tisch“? Dies kann auf Unternehmen und Unternehmensbereiche zutreffen, bei denen autoritär geführt wird. Solange der Chef vor Ort ist, wird sich an die auferlegten Regeln gehalten, aber wenn nicht, dann kann auch schnell einfach mal nichts mehr passieren. Die Kollegen verbringen dann lieber ihre Zeit mit Schimpfen und Lästern über den Chef. Schade um die Zeit….
Eine weitere Problematik besteht darin, dass es passieren kann, dass bei Ausfall der Führungsperson totales Chaos herrscht. Denn nur diese kann bestimmte Dinge ausführen und hat die notwendigen Kenntnisse. Sie hat systematisch dafür gesorgt, dass sie „unersetzbar“ ist – zumindest kurzfristig. Auch dies kann existenzbedrohend für das Unternehmen sein.
Generell schlecht?
Alle soeben genannten negativen Auswirkungen können, aber müssen nicht auftreten. Denn wenn die Führungspersönlichkeit zum Beispiel zusätzlich charismatisch ist, dann empfinden die Mitarbeiter die direktive Führung nicht als störend und einschränkend. Sie folgen ihrem Idol sehr gerne und hinterfragen die Entscheidungen nicht unbedingt.
Zusätzlich gibt es Bereiche und Situationen, in denen die autoritäre Führung unerlässlich ist. Ich denke dabei speziell an Krisenfälle und alles was damit zusammenhängt. Also unter anderem bei der Feuerwehr, beim Militär oder beim Rettungsdienst. Stellen wir uns einen Notfall vor. Es brennt beispielsweise. Dann muss ohne jegliche Verzögerung gehandelt werden. Es ist überlebenswichtig, dass es klare Regeln gibt und alle genau wissen, was zu tun ist. Da kann nicht alle paar Tage überlegt werden, ob die Regeln so in Ordnung sind, oder nicht. Es kann bei einem Einsatz auch nicht die Führungsposition in Frage gestellt werden. Einer muss sagen, wo es lang geht und was zuerst gemacht wird.
Kooperativer Führungsstil
Der zweite Führungsstil nach Kurt Lewin wird als kooperativer oder auch demokratischer Führungsstil bezeichnet.
Was sind dessen Merkmale? Was sind die Vorteile, Nachteile oder auch Gefahren, wenn der kooperative Führungsstil genutzt wird?
Geprägt ist dieses Führungsverhalten von einer engen Zusammenarbeit zwischen Führungskraft und Mitarbeitern in Bezug auf die Entwicklung von Ideen und deren Umsetzung. Die Zusammenarbeit beinhaltet speziell Diskussionen und Mitsprache, um mögliche Wege zur Entscheidungsfindung zu identifizieren. Gegenseitige Unterstützung wird nicht nur geduldet, sondern erwartet.
Denn der Führungsebene ist bewusst, dass gerade durch die Ergänzung der Kompetenzen und Fähigkeiten erst ein gutes Ergebnis erzielt werden kann. Die Führungskraft wird zudem durch die Übernahme von Verantwortlichkeiten entlastet.
Das Unternehmen profitiert vom Wissen und den Ideen der Mitarbeiter. Die Führungskraft kann gezielt auf das Spezialwissen des Einzelnen bauen. Im Besten Falle ist sie sich bewußt, das sie nicht jedes Detail kennen kann. Die Zusammenarbeit ist auf Mitbestimmung ausgerichtet und die Entscheidungsfindung soll gemeinsam erfolgen.
Jeder Mitarbeiter wird mit seinen Vorschlägen ernst genommen. Auch wenn die einzelnen persönlichen Zielsetzungen gegebenenfalls voneinander abweichen. Durch den gegenseitigen Austausch und die Aufnahme von Vorschlägen sowie die gemeinsame Umsetzung ist ein langfristiges Lernen aller Beteiligten gewährleistet. Voraussetzung ist natürlich eine entsprechend hinreichende Qualifikation der Mitarbeiter. Wenn die positiven Leistungen der Beteiligten aufrichtig gewürdigt und wertgeschätzt werden, dann sind alle Weichen für deren berufliche Entwicklung und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit gestellt.
Reduzierung von Fehlentscheidungen
Aufgrund der gemeinsam erarbeiteten Lösungen reduziert sich die Anzahl der Fehlentscheidungen. Die Verantwortung wird zudem auf mehrere Personen verteilt. Fällt eine Person im Unternehmen aus, so ist dies viel leichter zu verkraften. Und sollten doch Fehler entstehen, dann wird nicht nach dem Schuldigen, sondern nach einer besseren Lösung für die Zukunft gesucht. Die Fehler können demnach offen besprochen und Konflikte konstruktiv gelöst werden. Diese positive Fehlerkultur (was für ein Wort…) fördert die Kreativität des Einzelnen, da eben nicht bei jedem Fehler mit einer Bestrafung oder Sanktion zu rechnen ist.
Die dafür notwendige offene Kommunikation und das Zulassen von Ideen und Kritik sind ein Zeichen für eine Kultur des gegenseitigen Respektes.
Durch die geringe Distanz der Führungsebene zur Mitarbeiterebene (flache Hierarchie) und dem Wunsch des aktiven Mitwirkens der Mitarbeiter steigt deren Verantwortungs- und Leistungsbereitschaft. Da alle in allen Phasen des Erfolgs aktiv mitwirken, ist die Motivation hoch und der Stress am Arbeitsplatz wird deutlich reduziert.
Dieser Führungsstil wird durch die Förderung der Eigeninitiative und Freisetzung von Kreativität als besonders geeignet betrachtet, um motivierte Mitarbeiter und gleichzeitig maximale Effizienz zu erreichen.
Nachteile
Was sind jetzt die Schwierigkeiten oder Nachteile dieses Führungsstils?
Je mehr Leute an einer Entscheidungsfindung beteiligt sind, um so länger kann es auch dauern, bis eine Entscheidung tatsächlich getroffen wird. Endlose Diskussionen führen schon mal dazu, dass diese Zeitdauer unangemessen lang sein kann. Insofern ist es besonders wichtig, dass die Führungskraft eine Person mit natürlicher Autorität ist. Sie muss bei Bedarf die Endlosschleife mit Bedacht und Blick auf die langfristige Unternehmensplanung beenden. Es kann auch sein, dass in bestimmten Situationen die Mannschaft nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen werden kann. Es ist auch möglich, dass unbequeme Entschlüsse gegen Widerstände durchgesetzt werden müssen. Hierbei ist aber auf jeden Fall darauf zu achten, dass die Gründe hierfür nachvollziehbar sind.
Ein weiterer Knackpunkt ist, dass ein Konkurrenzdenken möglichst früh erkannt und Grenzen durch die Führungsebene gesetzt werden. Nur um sich profilieren zu können, dürfen nicht endlose Debatten und Diskussionen geführt werden. Es muss um Inhalte gehen und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Kritik und Anregungen sind wichtig, aber Entscheidungen müssen trotzdem in einem sinnvollen Rahmen erfolgen.
Dieser Führungsstil beruht selbstverständlich auf Offenheit und Vertrauen. Die Führungskraft muss zwingend darauf achten. dass dieses Vertrauen von niemandem missbraucht wird. Deshalb ist es wichtig, dass es Regeln gibt und diese auch auf Einhaltung kontrolliert werden.
Wenn all diese Dinge beachtet werden, ist eine starke Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen die Folge und die Produktivität kann entsprechend hoch sein.
Laissez-Faire Führungsstil
Der dritte idealtypische Führungsstil nach Kurt Lewin wird als Laissez-Faire bezeichnet. Diese französische Formulierung bedeutet in der Übersetzung „lassen Sie machen, lassen Sie laufen“. Aber ist denn „machen lassen“ überhaupt ein Führungsstil? Wenn Mitarbeiter einfach machen und handeln können, wie sie mögen? Ich finde ja, denn keine Führung ist auch eine Führung. Und im besten Falle erfolgt dies ganz bewußt und nicht aus Bequemlichkeit oder weil man nicht weiß, wie Mitarbeiter geführt werden können.
Definition
Was also ist genau darunter zu verstehen, Mitarbeiter nach dem Laissez-Faire Prinzip zu führen? Mitarbeiter können und sollen ihre Aufgaben selbst gestalten. Sie organisieren sich selbst im Team, entscheiden eigenständig und kontrollieren sich auch innerhalb des Teams. Die Teammitglieder finden sich selbst zu ihren Aufgaben zusammen und bestimmen die Organisation und den Ablauf der anstehenden Arbeiten gemeinsam. Der Vorgesetzte greift nicht ein – weder bei positiven noch bei negativen Zwischenergebnissen.
Er hilft somit nicht bei Problemen und reglementiert auch nicht bei Fehlern oder Fehlverhalten. Die Mitarbeiter sind sich also weitestgehend selbst überlassen. Informationen über den Stand der Arbeiten und Projekte an den Vorgesetzten erfolgen eher zufällig. Der Umgang im Unternehmen von Führungsebene zur Mitarbeiterebenen kann dadurch recht unpersönlich werden.
Vorteile
Der entscheidende Vorteil dieses Führungsverhaltens liegt in der Möglichkeit der freien Entfaltung. Die persönlichen Stärken sollen und müssen mit eingebracht werden. Das fördert die Individualität und somit die Entstehung von Kreativität und Eigenständigkeit im Team. Die Mitarbeiter lernen, wenn noch nicht im Vorfeld darauf geachtet worden ist, eigenständig zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen. Daher tragen sie auch eine hohe Verantwortung, was eine Steigerung der Motivation bedeuten kann. Mit diesem Führungsstil können, wenn die Rahmenbedingungen passen, sehr gute Erfolge erzielt werden
Nachteile
Wenn ich die Rahmenbedingungen anspreche, stellt sich natürlich die Frage, was meine ich damit? Diese Art der Führung ist nur erfolgreich, wenn die Mitarbeiter in ihrer persönlichen Entwicklung ihrer Werte und in ihrer Motivstruktur in diese Führungskultur passen.
Dadurch, dass Aussagen und Instruktionen oft unklar sind, können sich schnell Planlosigkeit und chaotische Zustände einstellen.
Wenn sich Personen mit ausgeprägtem Geltungsbedürfnis im Team befinden, dann kann es schnell zu Kompetenzgerangel und Rivalitäten kommen. Dies begünstigt wiederum Grüppchenbildung und die Ausgrenzung einzelner Teammitglieder.
Eine weitere Folge dieses Führungsstils kann abnehmende Disziplin sein, die in der Folge dazu führen kann, dass wichtige Ziele nicht rechtzeitig erreicht werden. Mitarbeiter nutzen in diesem Fall die entsprechenden Freiheiten nicht zum Nutzen des Teams bzw. Unternehmens, sondern um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Bei diesen Personen stehen die ich-bezogenen Werte im Vordergrund und nicht das Wir-Gefühl. Immer im Wir-Gefühl zu arbeiten ist für viele Menschen noch sehr ungewohnt und es fehlen die positiven Erlebnisse, die zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit diesem Thema führen können.
Daher ist es oft typisch für gruppendynamische Prozesse, dass bei größeren Gruppen der Wunsch nach einer Führungsperson aufkommt. Dann haben es die Personen, die ohnehin ein hohes Geltungsbedürfnis haben, leicht sich als Chef aufzuspielen.
Zudem können gegebenenfalls die hohe Verantwortung einschließlich der eigenständigen Entscheidungen zu einer Dauerbelastung und somit Krankheit einzelner Mitarbeiter führen.
Wenn es kein Feedback zur geleisteten Arbeit gibt, nimmt die Motivation schnell ab mit dem schleichenden Verlust der Eigeninitiative. Es wird irgendwann nur noch das Nötigste gemacht, denn alles was darüber hinaus geht, wird nicht „belohnt“.
Anwendungsbereiche
Wann macht es also Sinn, diesen Führungsstil anzuwenden? Er ist insbesondere in Bereichen anzutreffen, in denen kreativ gearbeitet wird. Wo es nicht um striktes Befolgen von Regeln geht und immer alles bis ins kleinste Detail klar definiert sein muss. Also dort, wo eigenständiges Denken und Handeln Voraussetzung für ein gutes Gelingen sind. Dies sind zum Beispiel Start ups oder auch Unternehmen der Werbebranche. Funktionieren kann es allerdings nur dann, wenn die beteiligten Personen eigenständiges Arbeiten gewohnt sind, sich selbst organisieren können und die notwendige Disziplin aufbringen. UND sie müssen auch so arbeiten wollen….
Tradierender Führungsstil (idealtypischer Ansatz) nach Max Weber
Neben den Führungsstilen nach Lewin wird sehr häufig auf die Führungsstile nach Max Weber verwiesen. Was ist das Besondere dieser Führungsstile und wie sind sie zu erklären?
Max Weber (1864 – 1920) war Soziologe und Nationalökonom. Er gilt als Begründer der Herrschaftssoziologie und zählt neben Karl Marx zu den bedeutenden Klassikern der Wirtschaftssoziologie (https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Weber).
In seinem Werk (Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft, Kapitel III, Die Typen der Herrschaft, 1922) geht er unter anderem der Frage nach, warum sich Menschen beherrschen lassen. Er benennt drei Gründe beziehungsweise Glaubenssätze, die bestimmte „Herrschaftsformen“ ermöglichen:
- Alltagsglauben an geltende Traditionen und Legitimität der durch sie Berufenen
- Glauben an die Heiligkeit oder Heldenkraft einer Person und der durch sie geschaffenen Ordnung
- Glauben an die Legalität gesetzter Ordnungen (Gesetze, Regeln)
Daraus leitete er drei idealtypische Führungsstile ab.
- patriarchalisch
- charismatisch
- bürokratisch
Die Führungslehre hat diese drei Grundformen aufgegriffen und vier tradierende (überlieferte) Führungsstile definiert.
Autokratischer Führungsstil
Dieser Führungsstil ist durch folgende Kriterien zu beschreiben:
- strenge Hierarchie
- Führungskraft hat alleinige Entscheidungsgewalt und Kontrolle
- unbegrenzte Macht der Führung (bedient sich eines Machtapparates)
- Distanz zu dem Mitarbeitern
Das bedeutet, dass die Chefetage die Entscheidungen ohne Mitwirkung durch die Mitarbeiter fällt. Die Mitarbeiter haben kritiklos die Entscheidungen und Meinungen zu übernehmen. Es wird blinder Gehorsam erwartet. Somit entfällt die Chance von kreativem Austausch im Team, um bessere Lösungen zu erreichen.
Dieser Stil ist eng mit der patriarchalischen Führung verwandt. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass die moralische Verantwortung für die Mitarbeiter nicht wahrgenommen wird. Er ist dann von Vorteil, wenn unbequeme Entscheidungen durchgesetzt werden müssen und die Zeit für Diskussionen fehlt.
Die Ausstrahlung des Charismatikers sowie seine Begeisterung sind nicht notwendig. Die Wärme des Patriarchen fehlt vollständig.
Patriarchalischer Führungsstil
Diese Art der Führung geht auf die früher übliche patriarchalische Familienstruktur zurück. Dabei war der Vater das Oberhaupt mit alleiniger Entscheidungsgewalt.
Die Führungskraft wird in dieser Stellung durch ihren Alters-, Wissens- und Erfahrungsunterschied legalisiert. Sie hat in ihrer Stellung keine Konkurrenz zu befürchten und hat uneingeschränkte Macht. Die Mitarbeiter werden an Entscheidungsbildungen nicht beteiligt. Auch hier gibt es eine strenge hierarchische Gliederung des Betriebes.
Der Chef übernimmt im Unternehmen die „väterliche Rolle“. Ihm ist somit neben der Entscheidungsgewalt auch die Fürsorge und Verantwortung für die Mitarbeiter wichtig. Ihm ist wichtig, dass er jederzeit für alle erreichbar ist. Im Gegenzug wird jedoch unbedingte Loyalität, Dankbarkeit und Gehorsam erwartet. Der Patriarch toleriert keinen Widerspruch. Ganz nach dem Motto: meine Firma – meine Gesetze – meine Entscheidungen.
Charismatische Führung
Die charismatische Führung lebt von der starken persönlichen Ausstrahlung der Führungskraft.
Sie übt eine hohe Vorbildfunktion aus und kann den Mitarbeitern in der Regel eine faszinierende Vision vermitteln. Diese Vision kann dann auch mal durch außergewöhnliche Maßnahmen erreicht werden, da der Chef als kompetent und erfolgreich wahrgenommen wird. Er hat auch selbst einen festen Glauben an seine Fähigkeiten und die Richtigkeit seiner Entscheidungen. Üblicherweise hat er ein hohes Machtmotiv und kann sich sehr gut ausdrücken.
Durch die hohe Ausstrahlung ist die Führungsperson in der Lage, die Mitarbeiter mitzureißen und Zuversicht zu vermitteln. Das kann besonders in schwierigen Zeit ein großer Gewinn für das Unternehmen sein. Der Chef hat hohe Erwartungen aber auch eine große Zuversicht in das Können der Mitarbeiter.
Das Problem besteht darin, dass diese Führungsperson einzigartig ist und in der Regel Stellvertreter und Nachfolger nicht existieren. Die Firma steht und fällt mit dieser Person. Wenn also die Führungskraft ausfällt, entsteht ein Machtvakuum, das niemand ausfüllen kann und mag. Alle wollen dann so führen wie der Chef. Da dieser aber einzigartig ist, kann dies nicht funktionieren.
Bürokratischer Führungsstil
Der bürokratische Führungsstil kann grob als personenunabhängiger Stil beschrieben werden.
Vorschriften, Regeln und feste Strukturen regeln den Arbeitsablauf. Alles ist sehr umfangreich und detailliert beschrieben. Die Machtausübung erfolgt durch die Befolgung von Strukturen. Im Idealfall stehen ausschließlich sachliche Kriterien im Vordergrund. Vor- oder Nachteile durch persönliche Sympathien werden somit ausgeschlossen.
Allerdings ist damit die Eigeninitiative und das selbstständige Denken der Mitarbeiter stark eingeschränkt bis kaum möglich. Es sind klare Regeln für die Einflussnahme festgelegt. Flexibles Reagieren auf Krisensituationen oder geänderte Rahmenbedingungen wird nahezu unmöglich. Das bedingt wiederum, dass die Effizienz durch den Dschungel an Regeln leidet und nur schwer veränderbar ist.
Die Persönlichkeit der Führungskraft spielt eine untergeordnete Rolle und bedingt somit keine großen Ansprüche an die persönlichen sozialen Fähigkeiten. Die Führungskraft wird nach festgelegten Kriterien ausgewählt und für eine bestimmte Zeit festgelegt. Ein Austausch ist jederzeit problemlos möglich.
Theorie & Praxis
Die bisher beschriebenen Ausprägungen waren, wie ihr sicher bemerkt habt, schon sehr theoretisch angehaucht. In der Praxis kann man die einzelnen Varianten eher schwer trennen. In den meisten Fällen handelt es sich um Zwischenstufen und Mischformen aller bisher beschriebenen Stile.
Welche Variante in welcher Ausprägung eingesetzt wird oder eingesetzt werden sollte, ist von verschiedenen Einflüssen abhängig. Ich möchte mich dabei im ersten Schritt auf 5 Haupteinflussfaktoren konzentrieren:
- Persönlichkeit des Vorgesetzten
- Persönlichkeit der Mitarbeiter
- Zusammensetzung des Teams
- Situation
- Art der Arbeit
Persönlichkeit des Vorgesetzten / der Führungskraft
Jede Führungskraft hat ihre ganz besondere und einzigartige Persönlichkeit. Sie wird geprägt von Motiven, Werten und früheren Erfahrungen. Die Erfahrungen können wieder in viele Ebenen unterteilt werden:
- selbst erlebt als Mitarbeiter (positive und negative) – Vorbild oder Antiheld
- eigene Erfahrung als Führungskraft (positive und negative)
- in verschiedenen Lebensphasen
- in verschiedenen Unternehmen mit verschiedenen Führungskulturen
- allgemeine Lebenserfahrungen
Diese Erfahrungen können bewirken, dass sich die Führungskraft eine spezielle Persönlichkeit als Vorbild nimmt. Wenn sie mit dieser überwiegend positive Erlebnisse verbindet, dann wird sie wahrscheinlich versuchen, diese nachzuahmen. Bei eher negativen Erinnerungen wird eventuell der gegenteilige Führungsstil angewendet. Frei nach dem Motto: „so will ich nicht sein“.
Auch während der Tätigkeit als Vorgesetzter werden Erfahrungen gesammelt, die die eigenen Vorstellungen und Wünsche in Bezug auf das Führungsverhalten unterstützen oder eben nicht. Positive Erlebnisse werden das angewandte Verhalten sicher verstärken. Wenn sie etwas erreicht haben, das sie so beabsichtigten, dann haben sie eine positive Referenz geschaffen, die ihren Führungsstil untermauert.
In verschiedenen Lebensphasen des Menschen werden allgemein andere Schwerpunkte gelegt, die wiederum Auswirkungen auf das Führungsverhalten haben können. Wenn jemand zum Beispiel gerade eine eigene Familie gegründet hat, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ihm die familiären Belange seiner Mitarbeiter nicht egal sind. Er wird also eher darauf Rücksicht nehmen.
Wenn sie in einem Unternehmen mit einer stark ausgeprägten autoritären Führungskultur arbeitet, wird es für sie schwierig bis unmöglich sein, einen Laissez-Faire Führungsstil anzuwenden oder nur Ansätze davon. Wenn eine gute „Fehlerkultur“ herrscht, dann ist es einfacher, den der momentanen Situation angepassten Führungsstil einzusetzen.
In meinem Verständnis haben ihre allgemeinen Lebenserfahrungen einen sehr starken Einfluss auf das Führungsverhalten. Wenn du zum Beispiel ein gutes Selbstvertrauen in deine eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen hast, dann könntest de entsprechend „relaxed“ auf äußere Faktoren reagieren und dein Verhalten wird entsprechend entspannt und souverän ausfallen können. Du kannst es dann unter anderem schaffen, Fehler oder Fehlverhalten von anderen Personen nicht sofort persönlich zu nehmen. Dieses Selbstvertrauen ist wiederum von all deine bisherigen Lebenserfahrungen abhängig. Wie waren die Schulzeit, die Ausbildung und deine Berufserfahrungen? Waren diese eher aufbauend oder eher demotivierend? Warst du schon immer ein Teamplayer oder eher ein Einzelkämpfer? Wie hat sich das auf deine Empfindungen ausgewirkt? Wenn du dich schon immer im Team am wohlsten gefühlt hast, dann wirst du mit großer Wahrscheinlichkeit deinen Führungsstil daraufhin ausrichten wollen.
Persönlichkeit der Mitarbeiter
Die Persönlichkeit der Mitarbeiter müssen die Führungskräfte bei der Wahl ihres Führungsstils zwingend mit einbeziehen. Wenn sie zum Beispiel einen Mitarbeiter im Team haben, der unsicher ist, dann ist es wichtig, dass sie darauf achten, ihm nicht sofort zu viel Verantwortung zu übertragen. Es besteht dann die Gefahr, dass er von der Verantwortung „erdrückt“ wird. Sie müssen erst sein Selbstvertrauen stärken. Wenn eine Aufgabe übergeben und positiv erledigt worden ist, sollte sie ihm ein entsprechendes Feedback geben. Wenn sie Mitarbeiter im Team hat, die Herausforderungen suchen, dann sollte sie darauf achten, dass es diese auch gibt.
Es ist auf jeden Fall wichtig, sich mit den unterschiedlichen Persönlichkeiten des Teams auseinanderzusetzen. Welche gibt es? Welche fehlen vielleicht sogar? Welche ergänzen sich und welche sind überhaupt nicht miteinander vereinbar?
Wie die Persönlichkeit der Mitarbeiter genauer beleuchtet werden kann, darauf werde ich später noch genauer eingehen. Persönlichkeitsanalysen der einen oder anderen Art können auf jeden Fall dabei helfen. Ich bevorzuge im Augenblick zwei Analysen, die sich mit den Wertvorstellungen (9 Levels of Value Systems) und den unterschiedlichen Lebensmotiven (Reiss Motivation Profile) der Menschen beschäftigen. Deshalb habe ich zu beiden Tools auch die Trainer-Lizenz erworben, um sie entsprechend anwenden und einsetzen zu können. Aber dazu später dann mehr..
Zusammensetzung des Teams
Die Zusammensetzung des Teams kann sehr heterogen oder auch homogen sein. Was meine ich damit? Da wäre erste einmal zu überlegen, welche Kriterien möglich sind und Einfluss haben können auf die entsprechende Führungskultur.
Dies können zuerst einmal demographische Dinge wie Alter und Geschlecht sein. Überwiegen beispielsweise Männer oder Frauen? Da fällt mir ein gutes Beispiel ein: Mein Vater war früher Kapitän zu See und hatte dementsprechend nur Männer unter seinem Kommando. Aus familiären Gründen entschied er sich irgendwann, an Land zu bleiben und einen anderen Job auszuführen.
Er war dann der Leiter eines Ferienheims in dem fast nur Frauen arbeiteten. Ihr könnt euch vorstellen, dass das für ihn (und seine Mitarbeiterinnen) der reinste Kulturschock und eine riesige Herausforderung bedeutet hat. Da prallten förmlich Welten aufeinander! Es war eigentlich für alle Beteiligten eine Katastrophe. Denn der über jähre praktizierte Führungsstil passte überhaupt nicht zur neuen Situation.
Das Alter kann auch einen riesigen Einfluss ausüben. Denn je nachdem, ob eher junge Mitarbeiter oder überwiegend ältere Mitarbeiter (vielleicht kurz vor der wohlverdienten Rente) im Team sind, bedeutet einen großen Unterschied an Know how und Erfahrungen aber möglicherweise auch in Bezug auf Flexibilität. Das bedingt somit zwingend eine andere Handhabung bestimmter Themen und Aufgaben im Unternehmen.
Weitere Kriterien, die zu beachten sind, können sein:
- Wertesysteme
- Charakter
- sozialer Status
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Kreativität
- Kulturelle Eigenheiten
- Sprache
- Kinder und Familiensituation
- Ausbildung
- Kompetenzen und Fähigkeiten
- Erfahrung
- spezielle Interessen
- …
Ist das Team besonders homogen zusammengesetzt, kann es zur Vereinheitlichung des Denkens und Handelns führen. Das kann durchaus bewußt gewollt sein. Speziell in Bereichen, wo es auf eine hohe Wiederholgenauigkeit von Tätigkeiten ankommt oder auch bei der Durchführung von weniger komplexen Aufgaben. Die gleichen oder ähnlichen Anforderungsprofile können eine hohe Flexibilität bei Ausfall einzelner Personen bedingen. Ein Mitarbeiter kann recht schnell einen anderen ersetzen (hier geht es speziell nur um die Kriterien Kompetenz und Fähigkeit).
Hohe Homogenität kann allerdings auch die Überschneidung von Kompetenzen und Interessen bedeuten und somit zu Kompetenzgerangel führen. Neue Mitglieder lassen sich eventuell nur schwer integrieren. Die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Bedingungen kann darunter leiden, wenn das Team sehr uniform zusammengestellt ist.
Zu beachten ist dabei, dass Homogenität seltenst in der Mehrzahl der genannten Kriterien auftritt. Aber es kann natürlich das entscheidende Kriterium sein, dass bedingt, wie das Team zu führen ist.
Für Kreative Prozesse ist ein divers zusammengesetztes Team von großem Vorteil. Unterschiedliche Denkweisen, Kompetenzen und Erfahrungshorizonte können zu einer guten Ergänzung untereinander führen. Die Kehrseite der Medaille, die es ja irgendwie immer gibt, ist, dass eine Abhängigkeit von einzelnen Teammitgliedern entstehen kann.
Wichtig ist auf jeden Fall, dass ein Bewusstsein für die Unterschiedlichkeiten geschaffen wird. Die Führungskraft muss sich bewußt machen, welche Situation vorliegt und welche Mitarbeiter speziell gefördert und gefordert werden müssen. Bei wem kann sie sich Unterstützung einholen und wo muss sie unterstützen.
Situation
Die Art der Führung ist selbstverständlich auch von der jeweiligen Situation abhängig. Wenn es beispielsweise schnell gehen und eine Entscheidung unter Zeitdruck gefällt werden muss, dann bleibt keine Zeit für ausgiebige Diskussionen mit allen eventuell beteiligten Personen. Solange dies aber kein Dauerzustand ist, dann werden Mitarbeiter, die es gewohnt sind, in Entscheidungen mit einbezogen zu werden, damit kein Problem haben. Wichtig ist dabei jedoch, dass dies im Anschluss an die Entscheidung mit den betroffenen Mitarbeitern besprochen wird.
Warum musste in diesem Fall schnell entschieden werden und warum wurde genau diese Entscheidung getroffen. Was bedeutet es für alle? Somit kann im Nachgang auch gemeinsam erkannt werden, ob gegebenenfalls eine Nachjustierung nötig wird (sofern überhaupt noch möglich) und wie sie aussehen könnte.
Eine weitere Situation könnte sein, dass den Mitarbeitern ganz bewusst freie Hand gelassen wird (nach dem Laissez-faire Prinzip), obwohl dies eigentlich sonst nicht der Fall ist. Üblicherweise herrschen vielleicht bestimmte Hierarchieabläufe vor und die Mitarbeiter sind es gewohnt, sich an einer Person und deren Ideen und Vorstellungen zu orientieren. Ziel in diesem Fall könnte sein, dass komplett ergebnisoffen diskutiert und gearbeitet werden soll. Vielleicht wurde nach den Wünschen des Führenden kein Ergebnis erreicht und es ist nötig, sich komplett neu auszurichten. Ob das funktionieren kann, wenn die Mitarbeiter mit einer solchen Führungsart bisher keine Erfahrungen hatten, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
Wenn wir uns beispielsweise im Bereich der Rettungsdienste umsehen, dann werden Entscheidungen im Einsatz garantiert autoritär gefällt werden müssen – an dieser Stelle sind Diskussionen vielleicht sogar lebensgefährlich. Außerhalb des Einsatzes jedoch kann durchaus der kooperative Führungsstil angewandt und gelebt werden. Wenn es zum Beispiel darum geht, Dienstpläne zu erstellen oder die Wartung der Einsatzgeräte zu organisieren.
Wenn wir übergreifend denken, dann kann eine neue Situation selbstverständlich auch immer auftreten, wenn es einen Wechsel in der Führungsebene gegeben hat. Wie heißt es so schön: „neue Besen kehren gut“. Dann wird möglicherweise ein anderer Führungsstil angewandt, weil jemand Neues das Sagen hat und diese Person ganz anderen Werten folgt und andere Motive hat. Ob es dann allerdings wirklich besser wird, hängt im wesentlichen von der Bereitschaft der Mitarbeiter und der Führungskraft ab, sich auf die neue Situation einzuspielen und nicht auf der eigenen festgelegten Sichtweise zu beharren.
Art der Arbeit
Genau wie die Situation ist natürlich auch die Art der Arbeit entscheidend, welcher Führungsstil gerade passend sein kann. Zumindest wenn sich die Führungskraft damit auseinandersetzt. Bestimmte Aufgaben verpflichten einfach zur Befolgung von bestimmten Abläufen und Vorgehensweisen. Da kann es dann auch kein Abweichen geben. Wenn in solchen Situationen lange diskutiert wird, dann wird auch nichts mehr fertig. Manchmal ist Struktur einfach fest und nicht verhandelbar.
Wenn zum Beispiel bei der Abnahme von sicherheitsrelevanten Bauteilen die Checkliste nicht ordentlich abgearbeitet wird, dann muss es Konsequenzen für den Mitarbeiter geben. Ich hatte einmal den Fall, dass ein Mitarbeiter die falschen Schrauben eingesetzt hat und das Gerät im Einsatz kaputt gegangen ist. Zum Glück für uns alle gab es keine Verletzten und nur einen erträglichen wirtschaftlichen Schaden. Wenn es ganz unglücklich gelaufen wäre, dann hätten sogar Menschen sterben können. Nachdem wir wußten, was passiert war, gab es selbstverständlich entsprechende Gespräche mit dem Mitarbeiter. Da mich meine Mitarbeiter im Alltag eher als kooperativ führend erlebten, war diese Situation der autoritären Führung ganz besonders nachhaltig in der Wirkung.
Das waren jetzt die bekanntesten Führungsstile. Wie am Anfang schon kurz erwähnt, gibt es natürlich noch weitere. Allerdings möchte ich mich im Augenblick darauf konzentrieren, welche Dinge über den Führungsstil hinaus, so wie er oben beschrieben wurde, zusätzlich Einfluss auf das Ergebnis der Führung haben.
Denn Ziel guter Führung ist es schließlich, dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter
- ihre Motivation bei der Arbeit erhalten können,
- sich loyal dem Unternehmen und sich selbst gegenüber verhalten können
- sich weiterentwickeln können
- Spaß bei der Arbeit haben
Im Folgenden soll es somit um so wichtige Dinge gehen wie:
- soziale Kompetenz
- Anerkennung
- Betriebsklima & Arbeitsatmosphäre
- Zielsetzungen
- Kontrolle
- Feedback
- Konfliktlösung
Soziale Kompetenz
Was ist also unter sozialer Kompetenz zu verstehen? Unter diesem Begriff werden im allgemeinen alle Fähigkeiten verstanden, die dazu führen, dass das eigene Handeln mit den Einstellungen und Werten einer Gruppe so kombiniert werden kann, dass sich möglichst viele positive (also erwünschte) Ergebnisse erzielen lassen.
Um es etwas einfacher auszudrücken: Es ist der Umgang mit sich selbst & mit anderen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Es ist eine wichtige Eigenschaft des Menschen in unserer sich immer schneller verändernden Welt. Fachwissen veraltet heute sehr schnell. Erworbene soziale Kompetenz tut dies nicht – sie kann eher mehr werden. In meinen Augen wird die soziale Kompetenz auch eines der wenigen Dinge sein, die in Zukunft nicht von Maschinen übernommen werden kann. Das macht sie nur noch wichtiger im zukünftigen Arbeitsleben von uns allen.
Das Schwierige ist allerdings, dass sie nicht direkt messbar ist und auch nicht durch einen Abschluss erreicht und nachgewiesen werden kann. Nichts desto trotz kann sie selbstverständlich trainiert werden.
Welche Fähigkeiten gehören für mich zur sozialen Kompetenz?
- Empathievermögen & Achtsamkeit
- Toleranz & Respekt
- Menschenkenntnis
- Kommuniktion
- Umgangsformen
Unter Empathievermögen verstehe ich die Fähigkeit, sich in die Lage der anderen hineinversetzen zu können. Also zu versuchen, die eigene Brille abzusetzen und die des anderen probehalber aufzusetzen. Was kann den anderen bewegen, sich so zu verhalten? Was ist dessen Geschichte? Welche Erfahrungen hat er gegebenenfalls gemacht, die ihn zu seiner Handlungsweise bewegen? Im NLP wird hier von Filtern gesprochen, die für jeden eine andere Wirklichkeit entstehen lässt. Kann ich dies nachvollziehen und will ich das überhaupt?
Erst wenn ich es schaffe aus meinem Kreis herauszutreten und in den des anderen hineinzutreten (frei nach Vera F. Birkenbihl), dann kann ich meine eigene Reaktion und mein Verhalten angemessen steuern.
Dabei achtsam mit sich selbst und den anderen umzugehen ist essenziell. Wie geht es mir und wie geht es den anderen im Team. Wir müssen schon genau hinsehen. Selbst dann, wenn es vielleicht gerade nicht so ganz einfach ist. Wer sich diese Mühe macht, wird aber hoch belohnt werden. Als mir irgendwann dieser Zusammenhang klar wurde, hat es für mich das Leben sehr viel einfacher gemacht. Und ich glaube, für mein Umfeld ist es auch einfacher geworden. Denn ich konnte beginnen, nicht immer alles persönlich zu nehmen. Ich bin in diesem Punkt sicher nicht perfekt und es kostet mich ständiges reflektieren. Aber probiert es aus! Es lohnt sich ungemein!
Toleranz und Respekt
Toleranz & Respekt gehören für mich zur sozialen Kompetenz. Sie sind natürlich mit oben beschriebener Empathiefähigkeit und Achtsamkeit untrennbar verbunden. Wenn ich es schaffe, mich in die Lage des anderen hineinzuversetzen, dann ist der nächste Schritt, eine gewisse Toleranz gegenüber der gegebenenfalls unterschiedlichen Sicht- und Handlungsweise zu entwickeln. Toleranz kann ich zeigen und aushalten, wenn ich bereit bin, mich auf andere, vielleicht sogar meinen Einstellungen gegenüber konträren Ansichten, einzulassen. Also klar hinsehen, hinhören und spüren. Ja, das kann manchmal sehr anstrengend und auch unbequem sein!
Wenn wir uns auf dieses Experiment einlassen, dann können wir das eine oder andere Mal viel lernen. Vielleicht sind wir sogar über uns selbst erstaunt. Meine stärkste Erfahrung diesbezüglich war eine Situation als ich meine Position als Geschäftsführerin aufgab.
Der neue Haupteigentümer des Unternehmens und Geschäftsführer wollte, dass ich meine Handynummer der Firma übergebe. Es ist dabei wichtig zu wissen, dass ich diese bereits besaß, als ich ins Unternehmen kam. Erst habe ich mich aufgeregt, aber nach kurzer Zeit habe ich versucht zu verstehen, warum dieser Person dies so wichtig ist. Dann wurde mir klar, dass sie ja nicht wissen konnte, dass ich das Telefon überwiegend privat nutzte und die betrieblichen Dinge über das Festnetz liefen.
Am nächsten Tag konnte ich sehr entspannt mit der Situation umgehen und nahm der Person somit auch den Wind aus den Segeln… Meine damalige Mitarbeiterin meinte zu mir: „Du kannst auch alles ins Positive drehen!“ Ganz so weit würde ich nicht gehen, aber ich kann mich recht gut in die Situation von anderen hinein versetzten. Dann ist es möglich, sich passende Strategien zu überlegen und entsprechend zu reagieren.
Eine weitere „Toleranz-Hürde“ in meinem beruflichen Leben war, als ein Vertriebsmitarbeiter bei mir angestellt war, dessen kultureller Hintergrund es nicht zuließ, von einer Frau Anweisungen annehmen zu können. Nicht dass ihr mich falsch versteht, er war sehr respektvoll, aber Ansagen konnte ich ihm nicht machen. Das durfte dann mein Geschäftspartner übernehmen. Ich hätte natürlich auch gestresst reagieren können, aber hätte das was geändert? Nein! Die kulturelle Historie des Mannes war nun einmal so. Ich konnte es nur tolerieren und mir eine funktionierende Strategie überlegen.
Dabei respektvoll zu sein ist ein weiterer entscheidender Punkt. Menschen können „nicht aus ihrer Haut“. Deshalb genau hinsehen, warum bestimmte Reaktionen entstehen. Wenn ihr in eurem Inneren eine entsprechende respektvolle Einstellung habt, dann wird eure Wortwahl und Körpersprache dies zeigen. Respektiert die Andersartigkeit der Mitarbeiter und Kollegen und ihr werdet euch das Leben entscheidend erleichtern. Ich gebe zu, das ist nicht immer ganz leicht. Gelingt es mir immer? Nein, mit Sicherheit nicht! Aber es lohnt sich! Probiert es und übt euch darin!
Menschenkenntnis, die im Laufe des Lebens entsteht, hilft selbstverständlich dabei, hier die Spreu vom Weizen zu trennen. Denn manchmal muss man eben doch etwas härter durchgreifen, aller Toleranz zum Trotz. Wann ist es nötig, klare Ansagen zu machen und wann eher nicht? Wann will jemand seinen Job gut machen und wann ist er auf „Krawall gebürstet“ oder einfach nicht in der Lage, seinen Job zu machen? Und wann ist es nötig, vielleicht sogar einen harten Schnitt zu wagen und sich von einem Mitarbeiter zu trennen. Denn eines ist klar, nicht jeder Mitarbeiter passt auch ins Team bzw. Unternehmen. Aber auch das ist eben Toleranz! Tolerieren, dass dieser Mensch besser in andere Teams passt.
Umgangsformen
Gute Umgangsformen sind wiederum ein Zeichen von Respekt und gehören für mich auch zur sozialen Kompetenz. Was verstehe ich nun unter guten Umgangsformen? Das ist das Verhalten, das von der jeweiligen „Gesellschaft“ (Umgebung, die wiederum kontextabhängig ist) akzeptiert und für gut befunden wird. Es geht somit im wesentlichen um die Interaktion zwischen den Menschen. Diese Interaktion hängt nun auch wieder ganz von der Situation ab. Wo bin ich (Büro, Produktion, Besprechung, beim Kunden,…)? Wer ist in der momentanen Gruppe (Kollegen, Mitarbeiter aus anderen Bereichen,…)?
Bin ich üblicherweise pünktlich Um die eigenen Umgangsformen zu überdenken und die von anderen einzuschätzen, sind Fragestellungen wie die folgenden geeignet:
- Welche Wortwahl treffe ich? Nutze ich immer „wichtige“ Wörter, die außer mir niemand versteht? Oder stelle ich mich auf die Gesprächsteilnehmer auch in Bezug auf die Wortwahl ein?
- Lasse ich anderen den Vortritt oder bin ich immer Erster?
- Lasse ich andere ausreden oder quassele ich immer dazwischen? Weiß ich alles besser und lasse es die anderen auch spüren (hier driftet es schon in den Bereich der guten Kommunikation ab)?
- Welche Kleidung wähle ich und wie ist mein generelles äußeres Erscheinungsbild? Stichwort Halo-Effekt – https://de.wikipedia.org/wiki/Halo-Effekt
- Bin ich aufmerksam und bemerke auch kleine Veränderungen bei meinen Mitmenschen? Oder muss man mit dem sprichwörtlichen „Zaunpfahl winken“, bevor ich etwas bemerke?
- oder komme ich generell zu spät zu verabredeten Terminen?
- Wie zuverlässig halte ich Dinge ein, die ich zugesagt habe?
- Bin ich generell hilfsbereit? Halte ich anderen auch schon mal die Tür auf oder bringe einen Kaffee mit, wenn ich mir selbst einen hole?
- Begrüße ich die Anwesenden, wenn ich einen Raum betrete? Und wie begrüße ich sie? Welche Worte wähle ich hierbei? Grüße ich, wenn ich jemanden das erste mal am Tag sehe? Kann ich auch mal lächeln oder laufe ich ständig ernst durch die Gegend?
Auch hier gibt es sicherlich eine Vielzahl von Abstufungen und Abhängigkeiten.
Ein kleines Beispiel aus der Praxis:
Ein Lieferant kommt zu Besuch ins Unternehmen. Der zuständige Abteilungsleiter hängt während des Gespräches auf seinem Stuhl, als würde er entspannt in einem Sofa sitzen und fernsehen. Blickkontakt zum Lieferanten? Fehlanzeige! Den Lieferanten reden lassen? Fehlanzeige! Mal interessierte Fragen stellen? Fehlanzeige! Selbst ständig vom eigenen Können und Wissen reden? Aber sicher! Kaffee anbieten? Ja, aber sich selbst zuerst eingegossen. Es war übrigens das erste Gespräch zwischen diesen beiden Personen. Per Sie oder per Du im Gespräch? Der Abteilungsleiter wählte sofort das vertrauliche Du.
Wie würdet ihr in diesem Beispiel die Umgangsformen einschätzen? Also für mich persönlich war es ein absolutes Unding! Peinlich und total respektlos. Für die Kollegen war es ebenso unangenehm und hatte zur Folge, dass das Verhältnis zwischen Abteilungsleiter und Mitarbeiter sofort darunter litt. Es war Anlass genug, mit dieser Person anschließend ein ernstes Wort zu wechseln. Am liebsten hätte ich direkt im Gespräch schon maßregelnd eingegriffen. Das habe ich durch die „Übernahme“ des Gesprächs vermeiden können. Somit konnte ich den Lieferanten entsprechend „ablenken“. Mein anschließendes Feedback unter vier Augen war jedoch entsprechend deutlich. Allerdings auf die entscheidenden Punkte reduziert. Damit war die Chance gewahrt, dass auch etwas beim Mitarbeiter „ankommt“ und nicht sofort in Abwehrhaltung abgewehrt wird.
Anerkennung
Anerkennung ist für mich einer der wichtigsten Faktoren im Miteinander überhaupt. Jeder wünscht sich Wertschätzung und Anerkennung. Es ist auch egal, ob wir uns im beruflichen oder im persönlichen Kontext umsehen. „Anerkennung und Wertschätzung sind Futter für die Seele und Treibstoff für Erfolg“ so heißt ein Buch von Hannelore und Markus F. Weidner (https://www.gabal-verlag.de/buch/anerkennung_und_wertschaetzung/9783869367057)
Als ich diese Beschreibung das erste Mal gelesen habe, dachte ich, was für ein schöner Vergleich!
Ich glaube, sehr viele vergessen in der heutigen sehr schnelllebigen Zeit, dass Zuwendung (und dazu zähle ich Anerkennung) sogar ein biologisches Grundbedürfnis des Menschen ist. Ohne sie kann ein Mensch nicht existieren. Genauso verhält es sich auch mit den anderen Grundbedürfnissen wie Essen und Trinken.
Unsere Werte und Handlungsweisen entwickeln sich zudem durch die Reaktion der Umwelt auf uns. Wir können nur durch die Reaktionen unserer Umwelt erkennen, ob wir „dazu gehören“ oder nicht. Soziale Ausgrenzung wird von uns evolutionsbiologisch als existenzbedrohend wahrgenommen. Um so wichtiger finde ich es, dass wir uns von dem Leitsatz „schneller – höher – weiter“ ganz schnell verabschieden müssen. Es geht eher darum, den Mitarbeitern zu zeigen, dass sie etwas gut gemacht haben. Denn jeder arbeitet prinzipiell gern – er benötigt jedoch die Wertschätzung und Anerkennung dafür!
In manchen Firmen herrscht die Meinung, dass die Anerkennung durch Gehaltserhöhungen oder andere finanzielle Vergünstigungen gezeigt werden sollte und dies ausreichend ist. Aber habt ihr auch schon erlebt, dass ein Mitarbeiter oder Kollege (vielleicht sogar ihr selbst) nach einer Bonuszahlung total stolz und motiviert war, diese Motivation nach einer gewissen Zeit aber wieder nachließ? Das ist total normal! Denn Anerkennung reicht eben nicht nur einmal im Jahr! Wir alle sind „süchtig“ nach Anerkennung und das wir wahrgenommen werden.
Auch das Motto, das in vielen Firmen herrscht: „nicht geschimpft ist genug gelobt“ ist eben absolut unmenschlich und unsozial. Ich benutze diese zwei Worte ganz bewusst! Der Mensch ist ein soziales Wesen, das Wertschätzung und soziale Anerkennung benötigt, wie der Fisch das Wasser. Doch statt Anerkennung gibt es Druck, wenn etwas nicht läuft.
Das ist sicher auch der Grund, weshalb die Ergebnisse der Gallup-Studien jedes Jahr aufs Neue so schlechte Ergebnisse liefern. Im Jahr 2018 hatten gemäß dieser Studie (https://www.gallup.de/183104/engagement-index-deutschland.aspx) in Deutschland nur 15 % der Mitarbeiter eine hohe Bindung zum Unternehmen. 71% haben eine geringe und 14% keine Bindung. In einer Untersuchung von Stepstone im Jahre 2017, bei der eine Befragung von 20.000 Fach- und Führungskräften stattfand, wurde festgestellt, dass Wertschätzung der Arbeit und gute Beziehungen zum Vorgesetzten die wichtigsten Gründe sind, im Job zu bleiben.
Insofern könnt ihr euren Führungsstil entsprechend aus der Masse herausstechen lassen, indem ihr ein so einfaches Mittel nutzt. Seid Vorbild und zahlt auf euer eigenes Konto der Anerkennung und Wertschätzung ein! Wer einzahlt, bekommt auch etwas zurück. Denn wenn ihr ehrlich zu euch seid, auch ihr seid süchtig 😀.
Aber Achtung! Anerkennung ist mehr als ein einfaches Lob!!
Welcher Unterschied besteht zwischen Lob und Anerkennung?
Für mich ist Lob etwas einmaliges, etwas, das sogar recht spontan erfolgen kann. Es bezieht sich auf etwas ganz Konkretes, auf ein Resultat. Es ist wie das Schulterklopfen, wenn du es geschafft hast, pünktlich zu kommen, obwohl du verschlafen hast. Du lobst dein Kind, wenn es mit dem Fahrrad hingefallen ist, sofort wieder aufsteigt und es erneut versucht. Du lobst, wenn der Mitarbeiter dich an etwas erinnert, das du definitiv vergessen hast.
Anerkennung geht über das Lob hinaus. Anerkennung ist mehr eine Haltung. Es ist die Wertschätzung von Leistungen. Anerkennung kann eben auch auf die Tätigkeit an sich ausgerichtet sein. Dein Mitarbeiter hat sich zum Beispiel angestrengt und hat alles gegeben, den Auftrag zu bekommen und den Kunden von den Vorteilen eurer Leistung zu überzeugen. Trotzdem hat es nicht geklappt. Das Resultat ist also nicht unbedingt das, was man loben würde. Da du aber weißt, dass dein Mitarbeiter sich voll reingehängt hat, zollst du ihm die entsprechende Anerkennung. Ihr könnt dann überlegen, was in Zukunft geändert werden kann, damit ihr den nächsten Auftrag bekommt.
Wenn wir das Wort in seine Bestandteile zerlegen (An-er-kennung), dann kommen mir folgende Gedanken:
Kennung kommt von kennen. Das Kennen der Person also. Erkennen der Eigenschaften und Kompetenzen. Bei Anerkennung geht es somit auch darum, die Erkenntnisse über die Person anzunehmen. Ich muss mich mit dem Mitarbeiter „beschäftigen“. Was treibt ihn an? Was sind seine Talente, seine Kompetenzen? Ein Kennenlernen geht jedoch nicht, ohne dass der andere mitmacht. Anerkennung ist somit auch ein Miteinander.
Das Miteinander äußert sich zudem noch darin, dass wer ehrliche Anerkennung erhält, selbst gern Anerkennung äußert. Wenn der Chef zu ehrlicher Anerkennung in der Lage ist und diese gerne seinen Mitarbeitern gegenüber äußert, dann kann sich eine „Anerkennungskultur“ im Unternehmen entwickeln. Denn Anerkennung und Wertschätzung sollte nicht nur am Chef „hängenbleiben“.
Wenn ihr also Lob verteilt (im beruflichen wie auch im privaten Kontext), dann ist es wichtig, dass die Anerkennung hinter dem Lob gespürt werden kann. Das wird euch allerdings nur dann gelingen, wenn ihr es wirklich ehrlich meint. Eure Körpersprache wird euch verraten, falls dies nicht der Fall ist. Dabei solltet ihr die angemessene Dosis beachten und nicht übertrieben loben. Und nicht nur loben, weil ihr denkt, das muss jetzt mal wieder sein. Denn Schmeicheleien (das, was der andere gern hören will) können schnell das Gegenteil bewirken. Wenn ihr Emotionen äußern könnt, dann lasst sie sofort raus, um die positive Wirkung der Anerkennung zu verstärken!
Karl Pilsl beschreibt die Wirkung von Lob und Anerkennung sehr treffend: Loben ist Dünger, Kritik ist Gift. Ein Baum, der gedüngt wird, bringt tolle Früchte hervor. Ein Baum, der Gift erhält, geht ein. Diese Analogie gefällt mir sehr gut. Wenn ich mich als Führungskraft auf die positiven Dinge des Mitarbeiters konzentrieren kann, dann ermutige ich ihn. Wenn ich seine Fehler hervorhebe, dann entmutige ich ihn. Generell solltet ihr versuchen, eure Mitarbeiter unter „Kompetenzverdacht“ zu stellen.
Wenn ihr etwas Positives bemerkt, dann sprecht es direkt und explizit an. Geht in eurem Unternehmen jeden Tag auf die Suche nach positiven Dingen!! Konzentriert euch darauf, etwas Gutes zu finden. Schaut genau hin! Es lohnt sich! Vielleicht entdeckt ihr bisher ungeahnte Potentiale eurer Mitarbeiter.
Wertschätzung
Ich habe jetzt schon recht häufig den Begriff Wertschätzung erwähnt. Klarheit in Begriffen bringt auch Klarheit im Denken. Deshalb werde ich im Folgenden noch etwas mehr darauf eingehen.
Wertschätzung entsteht durch eine bestimmte Haltung einem anderen Menschen oder gar einer ganzen Menschengruppe gegenüber. Sie kann man sich nicht durch eine bestimmte Leistung „verdienen“. Es ist vielmehr eine verständnisvolle und entgegenkommende Haltung im Verhältnis zu anderen Menschen. Wie wertschätzend wir uns verhalten können, hängt natürlich von vielen Faktoren ab. Denn jeder Person die gleiche Wertschätzung gewähren zu können wird nicht möglich sein. Wir sind schließlich auch Menschen mit all unseren Erfahrungen und Erlebnissen, die uns wiederum zu so wunderbar individuellen Persönlichkeiten gemacht haben.
Bedingungslose Wertschätzung ist meiner Ansicht nach im wahren Leben ausgesprochen selten möglich. Denn jeder hat so seine Ecken und Kanten. Je besser jemand unseren Idealvorstellungen entspricht, um so leichter fällt es uns, wertschätzend zu reagieren.
Überlegt einmal selbst, bei wem könnt ihr besonders wertschätzend sein und bei wem nicht? Stellt euch ganz konkrete Personen vor! Bei wem fällt es euch schwer und warum? Gibt es bestimmte Situationen, die euer Verhalten ausgelöst haben? War oder ist euer Verhalten tatsächlich angemessen? Was wäre, wenn ihr diese Situation in einem neuen Licht (also mit neuen Informationen) sehen und bewerten könntet? Warum hat sich dieser Mensch genau so verhalten? UND was könnte es an Vorteilen bieten, wenn ihr euer eigenes Verhalten ändern könntet und mehr Wertschätzung gewähren könnt?
Hannelore und Markus Weidner schreiben in ihrem weiter oben bereits genannten Buch: „Die Komponenten der Wertschätzung sind umso anspruchsvoller, je stärker wir gefordert sind, uns auf den anderen einzulassen. Sie bauen wie Stufen aufeinander auf.“
Sie definieren folgende Komponenten der Wertschätzung:
- Aufmerksamkeit
- Respekt
- Höflichkeit
- Toleranz
- Empathie
Die Grundlage ist dabei, jemanden erst einmal überhaupt wahrzunehmen. Ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn ich jemanden noch nicht einmal bemerke, dann kann ich ihn selbstverständlich auch nicht wertschätzen. Laufe ich an den Mitarbeitern vorbei, wenn ich sie beispielsweise außerhalb des Betriebes treffe. Wenn ich sie sonst sogar per Handschlag begrüße und jetzt mit totaler Ignoranz bedenke, dann ist klar, dass meine Wertschätzung nicht besonders groß sein kann
Beim Thema Respekt könnte man machmal meinen, dass er aus der Mode ist. Achte ich den anderen und sein Anliegen? Kann ich es aushalten, ein langweiliges Meeting zu ertragen, ohne parallel meine Mails zu checken? Wie wäre es denn, anstatt andere Dinge zu erledigen, mir zu überlegen, wie ich dem Leiter des Meetings unter die Arme greifen kann, damit es in Zukunft besser läuft? Was kann ich selbst tun, damit die nächste Besprechung für alle sinnvoller ist und zu besseren Ergebnissen führt. Damit kann ich auch dafür sorgen, dass respektvoll mit der Zeit der anderen Teilnehmer umgegangen wird.
Wo wir schon beim Thema Zeit sind. Jemanden nicht unbegründet warten zu lassen ist für mich auch eine Frage der Höflichkeit. Wenn ich beispielsweise zu einem Kundentermin unterwegs bin und feststelle, dass meine Zeitreserve durch einen Stau aufgebraucht wird, dann rufe ich meinen Kunden direkt an. Ich teile ihm mit, dass ich leider nicht pünktlich sein werde und was der Grund dafür ist. Dann kann er sich darauf einstellen. Und ich hatte noch nie den Fall, dass der Kunde ärgerlich reagiert hat.
Vorbilder
Zu den Punkten Toleranz und Empathie habe ich ja bereits weiter oben meine Gedanken dargelegt. Hannelore und Markus Weidner haben ein schöne Definition gefunden für praktizierte Wertschätzung: „den anderen beachten (wahrnehmen), ihn achten (respektieren), ihn höflich behandeln, seine Andersartigkeit tolerieren und bereit sein, sich in seine Situation einzufühlen.“ Für mich absolut treffend auf den Punkt gebracht. Und das gilt im beruflichen wie im privaten Kontext.
Und wie schon geschrieben, fällt es mir auch nicht immer leicht, wertschätzend zu sein! In Zeiten von Stress und Zeitdruck ist es manchmal eine ziemliche Herausforderung. Manchmal gelingt es und manchmal eben auch nicht. Wichtig für mich ist auf jeden Fall, dass sich die Waage eher in die richtige Richtung bewegt.
Wie bei allem im Leben spielen dabei auch unsere Vorbilder eine Rolle. Habt ihr Vorbilder? Ganz sicher! Manchmal wissen wir es nur nicht, oder es ist uns nicht bewußt. Als Vorbild kann auf jeden Fall die eigene Familie gezählt werden. Manchmal kann es eben auch ein „negatives Vorbild“ sein.
In meiner Familie gab es eine Person, die sehr gut Menschen beeinflussen konnte. Nun kann man das positiv und auch negativ sehen. Negativ ist es dann, wenn die Beeinflussung bzw. Manipulation der Menschen nur zu meinem eigenen Vorteil führt. Positiv kann es sein, wenn den Menschen andere Möglichkeiten ihres Handelns aufgezeigt werden und die daraus resultierenden Konsequenzen, sie also am Ende selbst entscheiden können. Ich habe jedenfalls sehr lange Zeit nur die negative Seite dieser „Gabe“ gesehen und die eigenen Augen davor verschlossen, dass mir diese Fähigkeit auch gegeben ist. Es bedurfte einiger einschneidender Erlebnisse, bis ich erkannt habe, dass es auch immer darauf ankommt, wofür die Fähigkeiten eingesetzt werden. Somit kann ich heute wesentlich wertschätzender mit Menschen umgehen, die die gleiche Gabe besitzen. Ich schaue nur sehr genau hin, wofür sie eingesetzt wird. Was soll bewußt erreicht werden?
Vorbilder sind aber nicht nur in der Familie, sondern im gesamten Umfeld zu finden. Möglich sind Lehrer aus der Schulzeit, Freunde oder auch persönlich unbekannte Personen. Das können Prominente, Filmfiguren, Geschäftsleute oder auch Sportler sein. Wie gehen diese Personen mit anderen Menschen um? Sind sie in ihrem Verhalten eher wertschätzend oder eher nicht. Wenn wir einem Menschen nacheifern möchten, dann imitieren wir oft dessen Verhalten und Gewohnheiten. Das kann positiv oder eben auch negativ sein. Im positiven Sinne heißt es dann auch „Modelling of Excellence“.
Eigene Gewohnheiten führen zu automatischen Reflexen und Handlungen. Aber schaut genau hin! Sind eure Gewohnheiten und die daraus resultierenden Handlungen so, wie ihr es gern haben möchtet? Wenn nicht, dann aber nix wie ran und neue Gewohnheiten antrainieren. Denn das Gute an Gewohnheiten ist ja, dass wir sie ändern können. Auch wenn es manchmal verflixt anstrengend sein kann. Erst dann kann ich mich auf die Suche nach Alternativen machen. Aber wie heißt es so schön: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Vor der Änderung steht natürlich erst die Erkenntnis. Wie möchte ich gern sein und warum? Ganz wichtig ist, dass ihr das Warum hinter eurem Handeln sucht.
Für die Fehlersuche gibt es im QM eine kleine Technik, die der eine oder andere vielleicht schon kennt. Die 5-W-Methode. Wenn Fehler passieren, stellt man so oft die Frage WARUM, bis man auf den Kern des Problems stößt. Das kann man meiner Meinung nach in jedem Bereich des Lebens einsetzen. Ein Beispiel: Warum bin ich mit dem Blogbeitrag zu spät? Weil ich zu spät angefangen habe. Warum? Weil mein Zeitplan nicht funktioniert hat. Warum? Ich habe den Aufwand nicht richtig eingeschätzt. Warum? Ich war unkonzentriert. Warum? Zu wenig geplante Pausen. Warum? Ich darf auf mich achten und bin es eher nicht gewohnt, an mein Wohlbefinden zu denken. Mein persönliches Ergebnis? Pausen bewußt einplanen, dann bin ich konzentrierter bei der Arbeit und kann meinen Zeitplan besser einhalten. Das Prozedere ist anstrengend und erfordert genaues Hinsehen und dann auch konzentriertes Umsetzen der Erkenntnis.
Vorurteile & Glaubenssätze
Wenn ihr bei eurer Selbstanalyse darauf kommt, dass eure Vorurteile und Glaubenssätze zu bestimmten Handlungsweisen geführt haben, dann wird es Zeit, dass ihr diese hinterfragt. Denn ein bestimmtes festgelegtes Menschenbild und damit zusammenhängende Vorurteile können schnell zu Fehlurteilen führen.
Habt ihr zum Beispiel im Kopf, dass ein Chef immer alles können muss? Dass es an der Spitze nun einmal einsam ist? Oder habt ihr die Geduld, euren Mitarbeitern in Ruhe zu erklären, was ihr von ihnen erwartet? Habt ihr vielleicht im Kopf, dass euch eh keiner versteht und die Mitarbeiter ihr Gehirn an der Eingangstüre abgeben? Damit stellt ihr euch nur selbst ein Bein und verpasst die Chance, Hilfe zu bekommen, die euch das Leben leichter macht.
Alte Glaubenssätze wie „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ sind an den meisten Stellen eher hinderlich statt förderlich. Oder der Spruch „Eigenlob stinkt“ ist auch nicht immer passend. Mir gefällt die Aussage „tue Gutes und sprich drüber“ sehr viel besser.
Da ihr ja inzwischen wisst, dass jeder Mensch Anerkennung und Zuwendung benötigt, ist euch sicherlich klar, dass ihr erst einmal allen Personen in eurer Umgebung positive Motive unterstellen könnt. Sie handeln alle, um entsprechende Aufmerksamkeit zu erhalten. Bei dem einen oder anderen Fall fühlt es sich für uns leider nicht so an. Also meine deutliche Empfehlung: Schaut genau hin, warum jemand so handelt. Geht erst einmal von einer generell positiven Handlungsabsicht aus. Welches Motiv steckt wirklich dahinter? Ist es wirklich so wie es aussieht?
Sehr häufig ist ein anstrengender Mensch einfach total verunsichert oder er hat Angst. Es sind auch hier wieder ganz viele verschiedene Dinge denkbar.
In meiner beruflichen Anfangszeit als Vertriebsingenieur gab es einen Produktionsleiter im Unternehmen, der mir das Leben echt schwer gemacht hat. Ich war noch recht jung und unerfahren. Sein Verhalten habe ich persönlich genommen und nicht erkannt, was tatsächlich dahinter stand. Ich dachte, ich hätte etwas falsch gemacht, ich wäre nicht gut genug. Und habe mich so von ihm drangsalieren lassen. Na ja, zumindest hat es sich so für mich angefühlt. Heute, mit etwas Abstand betrachtet, kann es auch sein, dass er Angst hatte. Angst, dass ich in manchen Dingen vielleicht seine Kompetenz in Frage stellen könnte. Tatsächlich hatte ich so einige Dinge erkannt, wo ganz klar Fehler passierten. Ich habe es allerdings für mich behalten. Sein Verhalten zielte genau darauf ab. Mit ein wenig mehr Lebens- und Berufserfahrung hätte ich vielleicht einen Weg finden können, um die Probleme zu lösen ohne dass er sein Gesicht verliert.
Aber mein Fokus war nur auf meine Empfindungen ausgerichtet. Irgendwann hatte ich mich dann auf ihn „eingeschossen“ und sah nur noch die negativen Dinge. Ich versuchte auch nicht, hinter die Kulissen zu schauen. Den anderen Führungskräften ging es ähnlich. Was haben wir uns gegenseitig bedauert. Was wäre es cool gewesen, wenn da jemand gewesen wäre, der uns mal die Augen öffnet. Wer weiß, was alles möglich gewesen wäre, wenn wir Wege gezeigt bekommen hätten, die Situation zu verbessern und den Ursachen auf den Grund zu gehen. Die oben beschriebenen Führungsstile sind zwar schon lange bekannt, aber manchmal bedarf es eines Schubses von außen, um sich damit aktiv und bewußt auseinanderzusetzen.
Miteinander reden
Hier stellt sich die Frage: Wie redet ihr in eurem Bereich miteinander? Worauf ist euer Fokus gerichtet? Eher auf die negativen Dinge oder seht ihr auch das Positive? Einer der wichtigsten Erkenntnisse in den vergangenen Jahren war für mich der psychologische Grundsatz „Beachtung bringt Verstärkung“. Wenn ich mich eher auf die schlechten Dinge fokussiere und diese dann auch noch verbal unterstreiche – was passiert dann wohl? Richtig! Irgendwann sehe ich nur noch das Schlechte. Wenn wir es aber im Team gemeinsam schaffen, uns eher auf die positiven Dinge zu fokussieren, dann werden wir diese verstärken!
Nicht dass ihr mich falsch versteht, die schlechten Dinge sollen nicht verdrängt werden. Sie gibt es, da hilft alles positive Denken nichts. Aber ich kann mich und mein Team als Führungskraft darauf ausrichten, wie es verbessert werden kann. Also lösungsorientiert denken anstatt fehlerorientiert. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied.
Zudem können wir unsere Wahrnehmungen gezielt steuern. Ganz bewusst darauf zu achten, was war heute gut und hat mir gefallen, kann durchaus trainiert werden. Was war schön und hat euch ein Lächeln ins Gesicht gezaubert? Hat die Sonne geschienen? Habt ihr ein lustiges Bild gesehen? Hat jemand etwas Witziges gesagt? Habt ihr etwas erledigt, das ihr schon lange vor euch hergeschoben habt? Habt ihr etwas Neues gelernt? Konntet ihr NEIN sagen, wo ihr sonst immer ja gesagt habt, obwohl ihr es eigentlich nicht wolltet?
Ich kann auch einmal versuchen, bei allen meinen Mitarbeitern zu überlegen, was habe ich denn Gutes für diese Person getan? Habe ich freundlich gegrüßt? Konnte ich bei einer Schwierigkeit helfen? Habe ich mich für einen Gefallen bedankt? Habe ich für ein besseres Verständnis im Verhältnis zu anderen Kollegen gesorgt? Denn wenn ich etwas Positives für jemanden tue, dann kann ich auch eher Gutes von ihm erwarten. Natürlich klappt das nicht immer, aber wenn wir darauf achten, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir es immer öfter in den Alltag integriert bekommen. Also Fokus auf die richtigen, die positiven Dinge! Frei nach dem Motto: „Mecker nicht über die Dunkelheit – zünde lieber eine Kerze an! (Leider ist der Spruch nicht von mir – allerdings weiß ich nicht mehr, wo ich ihn aufgeschnappt habe….).
Je selbstsicherer ihr seid, desto leichter wird es euch fallen, darauf zu achten, was so an positiven Dingen passiert. Nun ist es aber nicht jeder Person automatisch vergönnt, besonders selbstsicher zu sein. Macht euch einmal bewußt, wie es da um euch steht. Habt ihr ein „gesundes“ Selbstbewusstsein? Oder benötigt ihr eher viel Anerkennung von außen? Als ich das erste Mal vor der Aufgabe stand, mich bewußt damit auseinanderzusetzen (im Rahmen der Auswertung meines Reiss Motivation Profile®), ging ich erst einmal in die innerliche Abwehrhaltung. Es gefiel mir überhaupt nicht, was da als Ergebnis herauskam. Aber mit etwas Abstand und Ruhe konnte ich mich dann absolut darin wiederfinden. Auch wenn ich etwas Zeit brauchte, daraus die (hoffentlich) richtigen Schlüsse zu ziehen.
Die Erkenntnis, dass vielleicht auch bei mir etwas nicht perfekt ist, öffnet den Blick für die Andersartigkeit der Mitarbeiter und Kollegen. Der eigene Selbstwert wird durch Handlungen, die wir bewußt oder auch unbewußt ausführen, mitbestimmt. Was liegt hinter meinen Handlungen versteckt. Habe ich einen guten Selbstwert oder ist er eher ausbaufähig? Was macht das mit mir und meinen Mitmenschen? Wenn wir uns selbst wertschätzen, dann erst können wir auch Wertschätzung weitergeben.
Selbstwertkonto
Wir werden nicht mit einem hohen Selbstwert geboren. Unsere Familien, Freunde und auch unser Umfeld sind entscheidend, wie sich unser Selbstwert entwickelt. Sind wir in einer liebevollen Familie aufgewachsen und hatten Lehrer, die uns eher bestärkt haben, anstatt unsere Fehler zu verurteilen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass wir ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln konnten. Allerdings sind wir auch im weiteren Leben auf Bestätigungen von außen angewiesen. Der Selbstwert ist wie eine Pflanze, die regelmäßig gegossen werden muss, damit sie gedeihen kann. Je nachdem, welche weiteren Nährstoffe zur Verfügung stehen, kann sich unser Pflänzchen zu einer großen gesunden Pflanze entwickeln oder ganz kümmerlich vor sich hin vegetieren. Wieviele Nährstoffe wir benötigen, ist jedoch so individuell, wie wir Menschen insgesamt individuell sind.
Für die „Pflege“ unseres Selbstwertes können wir allein etwas tun und es benötigt auch Unterstützung von außen. Was zahlt ihr selbst auf euer Selbstwertkonto ein? Wie sprecht ihr mit euch selbst? Wie kritisch geht ihr mit euch um? Ich glaube, wir alle würden mit niemandem so sprechen, wie wir es häufig mit uns selbst tun. Achtet mal darauf! Ihr werdet euch selbst erschrecken… Aber das muss ja nicht so bleiben. Ihr könnt es jederzeit verändern.
Wenn wir selbst darauf achten, dass unser Selbstwert gestärkt wird, dann können wir auch dafür sorgen, dass das Selbstwertkonto unserer Mitmenschen anwächst. Wie gebt ihr eure Anerkennung als Führungskraft weiter? Wie sprecht und behandelt ihr eure Mitarbeiter, eure Kunden und Lieferanten?
Ich habe es zum Beispiel schon immer so gehalten, dass ich mich bei meinen Lieferanten telefonisch bedankt habe, wenn sie uns bei Problemen besonders unkompliziert geholfen haben. Das Ergebnis war, dass sie sich extrem darüber gefreut haben. Leider melden sich viele Kunden nur, wenn etwas schlecht läuft. Die positive Resonanz fehlt meist. Wenn ihr es anders macht, dann bleibt ihr auch bei euren Kunden in besonderer Weise im Kopf. Und wem hilft man bei Problemen lieber, dem, der immer schimpft oder dem, der auch mal Danke sagen kann? Und das gilt bei Mitarbeitern ganz genauso. Wenn du als Teamleiter immer nur die negativen Dinge thematisierst, dann wird dir dein Mitarbeiter nicht so gern zur Seite stehen, wenn du auf seine Unterstützung angewiesen bist.
Jetzt sollst du natürlich nicht als wandelndes „Lobmännchen“ durch den Betrieb laufen. Auch kritische Anmerkungen/Hinweise sind natürlich sinnvoll weiterzugeben. Aber da kommt es auf den Zeitpunkt und die Art und Weise an. Frei nach dem Motto: „könntest du bitte darauf achten, dass.. weil…“ Das führt aber schon in den Bereich der Feedback-Regeln. Darauf werde ich später noch detaillierter eingehen.
Ein großer Faktor, der mein eigenes Selbstwertgefühl angefeuert hat, war schon immer Vertrauen. Zu meiner Zeit als Auszubildende habe ich ganz oft folgenden Spruch gehört: „Frau Wagner, sie machen das schon!“ Fehler wurden toleriert und Nachfragen war bei bestimmten Personen auch immer möglich. Eigentlich habe ich erst später verstanden, was das mit mir gemacht hat! Aber es ist ja auch egal, wann man etwas bewußt versteht. Das Ergebnis war allerdings, dass ich mich mutig an völlig neue Dinge herangewagt habe.
Selbstreflexion und Teamerfolg
Hierbei ist natürlich zu beachten, wem ich welche Verantwortung übergebe. Kann diese Person damit umgehen? Ist die Anforderung zu groß, dann kann es auch schnell das Gegenteil bewirken. Bei mir war es damals so, dass ich im Vorfeld ein Studium erfolgreich absolviert hatte und die Ausbildung begonnen hatte, da zu jener Zeit keine Ingenieurinnen gebraucht worden sind. Es gab genug Bewerber mit großer Erfahrung und ich fand einfach keinen Job. Deshalb hatte ich die Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen. Es war somit für meine Vorgesetzten relativ leicht, mir auch anspruchsvolle Aufgaben zu übergeben und darauf zu vertrauen, dass ich das hinkriege.
Wenn ihr jedoch in der Situation seid, dass ihr nicht genau wisst, ob es jetzt den Mitarbeiter überfordert, dann sprecht mit ihm darüber. Hat er Ideen, wie er die Aufgabe bewältigen kann? Habt ihr das Gefühl, dass die Vorgehensweise erfolgsvorsprechend ist? Spricht etwas dagegen und wenn ja, was genau? Also interessiert euch aktiv für die Bedenken eurer Mitarbeiter. Wenn nur die Aussage kommt, ja klar schaffe ich das, auch dann solltet ihr ruhig nachfragen. Vielleicht will sich die Person nur nicht blamieren und hat in Wahrheit überhaupt keine Ahnung, wie sie die Aufgabe bewältigen kann. Die beste Führungsart ist immer noch: aufmerksam sein, hinhören und auch mal zwischen den Zeilen lesen.
Was ihr zudem immer auf dem Schirm haben solltet, ist, dass ihr euch selbst überprüft, wem ihr lange keine Aufmerksamkeit mehr gegeben habt. Ihr wart vielleicht einfach selbst zu gestresst und hattet zu viel zu tun. Es lief ja auch einfach sauber durch und es gab keinen Anlass, irgendwo einzugreifen. Macht euch am besten einen regelmäßigen Eintrag im Kalender zum bewußten Innehalten und stellt euch folgende Fragen:
- Wem habe ich schon lange keine Anerkennung mehr gegeben trotz guter Leistung?
- An wessen gute Leistung habe ich mich gewöhnt?
- Was ist besonders gut gelaufen?
- Wer ist über sich hinausgewachsen?
- Gab es vielleicht positives Feedback aus anderen Abteilungen oder von Kunden, die ihr noch nicht weitergegeben habt?
Bei eurer regelmäßigen eigenen Reflektion solltet ihr folgende Fragen auch mit einbeziehen:
- Wer kann mir nichts recht machen?
- Was habe ich dabei gegebenenfalls übersehen?
- Gibt es eventuell doch etwas Gutes?
- Wie kann ich auch hier Anerkennung geben?
Wenn ihr überlegt, Anerkennung öffentlich, vielleicht sogar im großen Rahmen, auszusprechen dann beachtet aber unbedingt, dass es dabei immer Gewinner und Verlierer gibt. Fühlt sich möglicherweise jemand zurückgesetzt, weil er nicht angesprochen worden ist?
ist dabei, dass ihr die Teamleistung würdigt. Einzelne Mitarbeiter nur dann herausstellen, wenn es etwas wirklich ganz besonderes war. Wenn zum Beispiel ein Azubi Landesmeister geworden ist, dann muss es eine persönliche Anerkennung sein. Wenn jedoch ein Projekt ausgesprochen gut gelaufen ist, eine ungewöhnlich kurze Deadline eingehalten werden konnte oder eine neue Entwicklung neue Kunden ermöglicht hat, dann unbedingt die Teamleistung als Ganzes würdigen.
Anerkennung ausdrücken und Erfolge festhalten
Als ich meinen letzten runden Geburtstag in großer Runde gefeiert habe, waren viele Weggefährten sowohl aus dem beruflichen als auch privatem Umfeld mit dabei. Mir war es ein besonderes Bedürfnis, einmal „Danke“ zu sagen. Somit habe ich ganz bewußt reflektiert, wer welchen Anteil an meinem bisherigen Laben hatte und was dies bewirkt hat. Wichtig war mir dabei, dass ich jeden wirklich persönlich anspreche mit Dingen, die nur für ihn charakteristisch
sind. Dadurch wurde es natürlich sehr emotional. Aber da ich ohnehin eine sehr emotionale Art habe, hat es auch gepasst. Es war für alle eine wunderbare Erfahrung (so wurde es mir jedenfalls von meinen Weggefährten gesagt…).
So etwas schüttelt niemand einfach so aus dem Ärmel. Weder im beruflichen noch im privaten Bereich. Aber mit der richtigen Vorbereitung ist es möglich, wirklich wertschätzende Anerkennung auch vor größeren Gruppen zu geben. Insofern noch einmal ein Tipp: führt ein Tagebuch. Vielleicht sogar ein Glückstagebuch. Dann könnt ihr auch mal zurück blättern, was denn so alles Gutes in der Vergangenheit passiert ist. Das hilft nebenbei gesagt auch an Tagen, wo es nicht so perfekt gelaufen ist, den Fokus auf die richtigen Dinge zu behalten. Nämlich auf die positiven Dinge!
Habt ihr schon ein Glückstagebuch oder Erfolgstagebuch geführt? Nein? Dann schnell ein Büchlein kaufen, das euch auch optisch anspricht. Es darf nicht in einem zu großen Format sein, damit ihr es auch auf Reisen bei euch haben könnt. Denn selbstverständlich schreibt ihr möglichst jeden Tag etwas hinein. Was aber sollte aufgeschrieben werden? Da gibt es durchaus mehrere Möglichkeiten:
Was war heute schön? Was hat mich glücklich gemacht? Wofür bin ich dankbar?
- Sonnenschein
- mit den Kindern gespielt
- im Kino gewesen
- Mitarbeiter hat Termin eingehalten
- Auftrag erhalten
Was waren heute meine größten Erfolge?
- pünktlich aufgestanden
- Sport gemacht
- Aquiseanrufe
- Mitarbeiter XY gelobt für XYZ
- Aufgabe…. erledigt
Mitarbeiter AB Aufgabe ABC übertragen
Man könnte sich noch mehr Fragen ausdenken, aber diese sind für den Anfang absolut ausreichend. Probiert es einfach mal aus, zu jedem Block mindestens drei Dinge aufzuschreiben (besser sind aber fünf). Wichtig ist aber, dass ihr es unbedingt aufschreibt. Dann kann euer Unterbewusstsein seine Arbeit machen und sich auf die guten Dinge ausrichten. Das Aufschreiben hat, wie schon beschrieben, noch den Vorteil, dass ihr zurückblättern könnt. Ein ganz besonderes Erlebnis kann es zudem noch werden, wenn ihr euch zu Silvester ein bis zwei Stunden Zeit nehmt und in diesem Büchlein lest. Ich verspreche euch, dass ihr überrascht sein werdet, was ihr über das Jahr hinweg für tolle Dinge erlebt habt und welche Erfolge entstanden sind. Im Alltag geht es leider allzu oft unter und wir denken, dass wir nichts wirklich geschafft haben.
Wenn ihr jetzt bei euch denkt, das hört sich alles ganz gut an, aber Wertschätzung oder Anerkennung zu geben, ist doch ziemlich schwer, dann könnt ihr das ja auch erst einmal im unverfänglichen Rahmen üben. Wie? Ganz einfach! Beim nächsten Einkauf schaut ihr euch einmal die Verkäuferin oder den Verkäufer ganz bewußt an und beobachtet ganz gezielt einen Augenblick. Gibt es irgendetwas Positives zu entdecken? Frisur, Kleidung, Brille, Accessoires, besonders gute Beratung, …. Bemerken und Ansprechen! Das kostet vielleicht am Anfang etwas Überwindung aber die strahlenden Augen der „beschenkten“ Person werden auch euch glücklich machen.
Wenn ihr das etwas geübt habt (am besten täglich „trainieren“) und es euch leicht fällt, dann beginnt es wahrscheinlich auch, Spaß zu machen. Spätestens dann solltet ihr es in euren beruflichen Alltag transferieren. Genau hinsehen, die Mitarbeiter bei Dingen „erwischen“, die sie richtig und gut machen, die richtigen Worte finden und raus damit. Und mit ihnen darüber freuen!
Schreibt doch mal in die Kommentare, wie es euch damit geht!
Geben und nehmen
Ihr habt jetzt geübt und gebt im Alltag im Unternehmen so oft wie möglich anerkennendes Feedback. Manchmal fühlt es sich vielleicht noch komisch an und manchmal reagieren eure Mitarbeiter sicher etwas überrascht. Aber lasst euch davon nicht negativ beeindrucken. Irgendwann geht es in eine selbstverständliche Gewohnheit über.
Mir ist über die Jahre hinweg aufgefallen, dass ein Loboder die Anerkennung von Leuten, die wirklich beurteilen können, was ich geleistet habe,besonders lange angehalten haben. Wenn Menschen, die realistische Vergleiche anstellen können, dir mitteilen, dass du etwas richtig gut gemacht hast, dann kannst du es auch leichter annehmen. Und es macht dich wahrscheinlich richtig stolz. Wenn ich zudem echte Anerkennung spüre, sich diese Person also auch Zeit nimmt und vielleicht sogar Fragen stellt, dann trägt mich das wie eine Wolke. Das lässt mich förmlich schweben…
Wie geht es euch dabei, wenn ihr Anerkennung erhaltet? Könnt ihr diese immer annehmen? Oder sagt ihr schon mal: „Ach, das war doch nichts Besonderes“ oder „Wenn ich dies und das anders gemacht hätte, dann wäre es noch besser geworden“? Ich durfte es erst lernen, die positiven Reaktionen auch anzunehmen. Während einer Ausbildung bei Tobias Beck stand ich auf der Bühne und „musste“ es „aushalten“ von einem begeisterten Publikum gefeiert zu werden. War erst ziemlich komisch, aber inzwischen kann ich mich einfach höllisch über so etwas freuen. Als Führungskraft ist es aus meiner Sicht essentiell, wertschätzendes Feedback annehmen und genießen zu können. Warum? Weil ihr dann auch besser geben könnt.
Ein Satz, der mich früher auch schon mal verlegen gemacht hat, ist: „Du bist immer so energiegeladen und fröhlich!“ Jawohl! Das bin ich! Und so bin ich gerne! Mein Mann weiß, wenn wir irgendwo unterwegs sind, immer wo ich bin – er hört mich lachen. Denn in der Regel finde ich einen Anlass mit den Menschen, bei denen ich gerade bin, zu lachen und zu scherzen. Durchaus auch ganz gerne über meine eigene Tollpatschigkeit (im Wort steckt schließlich auch toll – da kann man schon mal fröhlich sein, auch wenn etwas schief läuft). Na ja…und ganz leise lache ich halt auch nicht…😀.
Das gehört einfach zu meinem Naturell und wenn dies positiv anerkannt wird, kann ich es auch ausleben. Das passt dann auch zu meinen inneren Antreibern, meinen Lebensmotiven. Ich hatte weiter vorn ja schon einmal über die 16 Lebensmotive (nach Steven Reiss) berichtet. Diese zu kennen, erleichtert die Annahme der eigenen Persönlichkeit. Wenn ich mich selbst so annehmen kann, wie ich nun einmal bin, dann kann ich auch mein Verhalten passend steuern. Dazu gehört für mich ganz klar die Ausbildung des eigenen guten Führungsstils.
Führung „passiert“ übrigens auch immer in beide Richtungen. Gibst du auch denen Anerkennung, von denen du selbst gern wertschätzend wahrgenommen werden möchtest? Das kann eben auch der eigene Vorgesetzte sein. Stehst du in gutem Kontakt zu ihm oder hast du möglicherweise ein Problem mit ihm? Gönne deinem Bewusstsein mal eine Stress-Auszeit und suche bei dieser Person ganz bewußt nach positiven Dingen. Überlege dir dann, wie du selbst Wertschätzung weitergeben kannst. Und dann überwinde dich! Und wer weiß, was alles passieren wird….
Fremd- und Selbstwahrnehmung
Und manchmal denken wir, dass doch alles gut ist und wir genug Anerkennung geben. Aber ist das tatsächlich so? Stimmt deine Selbstwahrnehmung mit der Fremdwahrnehmung überein? Laut einer Studie (http://bit.ly/2RYbwg5), die 2018 gemeinsam von der Online-Jobbörse Stepstone und der Managementberatung Kienbaum durchgeführt wurde, weichen die Wahrnehmungen sehr stark voneinander ab. Eine weitere Studie (http://bit.ly/2NEKRGB) gibt folgende Zahlen an: „93 % der Führungskräfte sind davon überzeugt, einen offenen und ehrlichen Dialog mit ihren Mitarbeitern zu führen. Dies bestätigt nicht einmal die Hälfte der Mitarbeiter (42 %).“
Wir denken also oft, dass wir alles richtig machen, aber unsere Umwelt sieht das ganz anders. Irgendwie blöd, oder? Also müssen wir nachfragen, genau hinsehen und spüren, wie die Anderen reagieren. Und uns manchmal selbst Hilfsmittel erschaffen.
Es gibt einen ganz simplen Trick, wie ihr euch im Alltag selbst überprüfen könnt: Immer, wenn ihr bewußt eurer Führungsrolle gerecht werdet und Anerkennung gebt (achtet aber darauf, wie euer Mitarbeiter darauf reagiert – ob es tatsächlich auch bei ihm „angekommen“ ist), dann legt ihr eine Murmel von der rechten in die linke Hosentasche. Es kann natürlich auch ein anderer Gegenstand sein, aber ihr solltet bewußt etwas in die Hand nehmen müssen. Man kann das Spiel auch noch weiter führen: Wenn ihr einen Mitarbeiter ausschimpft oder ihn kritisiert, dann legt ihr eine Murmel zurück. Am Ende des Tages schaut ihr mal, was ihr in den einzelnen Taschen so drin habt.
Wenn ihr mit dem Ergebnis unzufrieden seid, dann überlegt und reflektiert genau, warum habt ihr keine Wertschätzung verteilt? Was hat euch davon abgehalten, den geplanten Führungsstil auch anzuwenden? War es Zeitmangel? Oder wart ihr euch unsicher, ob es überhaupt angemessen gewesen wäre, die geleistete Arbeit hervorzuheben? Habt ihr vielleicht gelernt, dass nur Spitzenleistungen anerkannt werden sollten?
Dann aber nicht loslaufen und verzweifelt versuchen, das Verpasste nachzuholen. Denn einen Punkt solltet ihr auch im Auge behalten: „Verspätetes Lob ist halbes Lob!“. Lieber am nächsten Tag aufmerksamer sein.
Werdet euch bewußt, welche Dinge eure Mitarbeiter stolz machen. Was treibt sie an und was belastet sie normalerweise. Jeder Mitarbeiter ist da ganz anders. Jeder hat seine eigene Persönlichkeit mit der eigenen Werte- und Motivkombination. Um ein Gefühl für diese einzigartigen Ausprägungen zu bekommen, besteht die Möglichkeit, Analyseverfahren wie das Reiss Motivation Profil® zu verwenden.
Zur Auswertung der Testergebnisse ist zwar ein zertifizierter Coach (also bei mir buchbar 😉) notwendig, aber so weit muss man ja nicht immer gehen. Für jeden Mitarbeiter so ein Profil erstellen zu lassen, ist vielleicht ein wenig übertrieben – würde mir aber natürlich Spaß machen. Manchmal reicht es jedoch, wenn die Führungskraft ein Profil ausfüllen kann und das Auswertungsgespräch auf sich selbst bezogen erhält. Dann bekommt sie ein gutes Gefühl für die einzelnen Motive und deren Ausprägung bei sich selbst. Mit diesem Wissen lassen sich die Handlungsweisen der anderen Mitstreiter viel besser verordnen und einschätzen.
Jetzt habe ich schon mehrfach die 16 Lebensmotive erwähnt, bin aber noch nicht konkret geworden. Wenn ihr sie kennt, dann habt ihr einen Anhaltspunkt, wonach ihr bei euren Mitarbeitern Ausschau halten könnt. Dann werde ich mal endlich konkret werden.
Die 16 Lebensmotive sind:
- Macht
- Neugier
- Ordnung
- Ehre
- Beziehungen
- Status
- Schönheit
- körperliche Aktivität
- Unabhängigkeit
- Anerkennung
- Sparen
- Idealismus
- Familie
- Rache
- Essen
- Ruhe
Es ist dabei wichtig zu wissen, dass jeder Mensch diese 16 Lebensmotive in sich trägt. Bei jedem ist eine andere Ausprägung zu finden. Die einzelnen Motive können sich gegenseitig ergänzen oder auch im Widerspruch, also im Konflikt zueinander stehen.
Wenn beispielsweise jemand die Motive Anerkennung und Familie stark ausgeprägt hat, dann kann es zum Zielkonflikt kommen. Diese Person wird möglicherweise im Job sehr engagiert sein (für die Anerkennung) und hat dadurch zu wenig Zeit für die Familie. Da muss genau hingesehen werden, wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann. Es könnten beispielsweise die Arbeitszeiten so flexibel gestaltet werden, dass vielleicht die Kinder am Morgen oder am Abend betreut werden können.
Pro Motiv kann die Ausprägung zwischen stark und schwach schwanken. Es kann jeweils der volle „Ausschlag“ vorhanden sein, oder aber ein Bereich dazwischen. Wenn jemand in der Mitte der einzelnen Extremwerte positioniert ist, dann kann er je nach Kontext sehr flexibel reagieren. So ergibt sich eine individuelle Zusammensetzung der Motivkombinationen. Wir sind somit so einzigartig wie Schneeflocken.
Seit ich dieses Analysetool kenne, bin ich begeistert von der Einfachheit und der Tragweite der Anwendung. Nachdem mein Profil mich, wie bereits erwähnt, erst in den Widerstand geführt hat, konnte ich mich nach der Auswertung mit einem Reiss Motivation Proflie® Master besser mit meinen inneren Antreibern „aussöhnen“ und sie akzeptieren. So bin ich nun einmal. Und das ist gut so, denn ohne diese intrinsischen Motivatoren wäre ich ein ganz anderer Mensch. Perfekt ist schließlich niemand! Und das ist auch genau richtig so! Das Unperfekte macht doch erst den Reiz des Lebens aus. Aber das zu erkennen hat bei mir ein wenig gedauert.
Nach dem Annehmen und Akzeptieren folgte die Begeisterung für dieses Instrument. Nun ja, inzwischen bin ich selbst Reiss Motivation Proflie® Master und habe das Tool bereits mehrfach erfolgreich einsetzen können. Das Wunderbare daran ist, dass ich meine eigene Begeisterung vollumfänglich weitergeben konnte.
Der erste Schritt zur erfolgreichen Führung ist, herauszufinden, was einen selbst motiviert oder was zu den „Energieräubern“ zählt. Nur wenn ich selbst zufrieden arbeiten kann, ist es möglich eine gute Führungskraft zu sein. Was macht mich einfach fertig, wenn ich es erledigen muss? Dabei sind die Lebensmotive ein guter Helfer und Kompass. Kann ich an der Tätigkeit selbst etwas ändern oder kann ich die Art der Erledigung verändern? Was genau stört mich? Ist es etwas, das ich verändern kann?
Wenn meine eigene Unzufriedenheit mit einzelnen Personen zu tun hat, sollte ich mir folgenden wichtigen Satz vor Augen halten: Es ist nicht die Person, die mich anstrengt, es ist ihr Verhalten. Dann kann ich genauer hinsehen und versuchen zu verstehen, warum sie sich genau so verhält. Was will diese Person mit ihrem Handeln erreichen? Welche inneren Motive will sie damit ausleben? Was hat sie für Glaubenssätze und wo kommen sie womöglich her? Welche Erfahrungen stehen dahinter? Auch hier gilt natürlich wieder das Prinzip der Gegenseitigkeit. Warum reagieren die Mitarbeiter so unterschiedlich auf meine Handlungen und Ansprachen, obwohl ich nichts anders gemacht habe?
Wenn ich verstehen möchte, was meine Handlungen bei anderen Personen auslösen können, dann muss ich erst herausfinden, was diese wirklich wollen – welche Motive sie ausleben möchten. Zudem muss mir klar sein, dass sie versuchen werden (teilweise eben auch unbewußt), dies zu erreichen. Sie werden sich also entsprechend verhalten und ihr Handeln darauf ausrichten. Dies ist somit super individuell. Wenn ich mit meiner Art, etwas zu tun, bei einem Mitarbeiter erfolgreich bin, so ist es ganz klar, dass ein anderer Mitarbeiter damit ein Problem haben kann.
Die Intrinsische Motivation ist nicht immer ohne Weiteres sichtbar. In Kombination mit dem Wissen um die 16 Leitmotive und erhöhter Aufmerksamkeit bezüglich der eigenen Motivstrukturen steigt die Toleranzgrenze bezüglich der Leitmotive der Mitarbeiter und Kollegen entscheidend. Wenn mehrere Mitglieder eines Teams ihre Reiss Motivation Profile® erhalten und mit einem Master besprechen bzw. auswerten, dann kann es einen gewaltigen „Verständnisschub“ bedeuten. Verhaltensweisen erklären sich und daraus lassen sich neue Strategien im Miteinander entwickeln. Habe ich euch neugierig gemacht? Wollt ihr es ausprobieren? Dann sprecht mich einfach an! Ich freue mich, dieses tolle Tool weiter zu verbreiten und zu einem besseren Verständnis in den Teams beitragen zu können.
Intrinsische Motivation
Zur intrinsischen Motivation ist schon viel geschrieben und geforscht worden. Sind es nur die inneren Lebensmotive, die uns antrieben oder sind es doch noch weitere Faktoren? Es gibt verschiedene Definitionen. Die folgende finde ich persönlich ganz treffend:
„Als intrinsische Motivation wird die innere Motivation eines Menschen bezeichnet, die aus sich selbst heraus entsteht und unabhängig von Belohnung und anderen äußeren Faktoren ist. Ist ein Handeln intrinsisch motiviert, wird es um seiner selbst willen vollzogen.“
Bezogen auf den beruflichen Kontext ergibt sich somit folgende kurze Zusammenfassung:
Intrinsische Motivation kommt von innen und Tätigkeiten werden um ihrer selbst willen durchgeführt.
Ich mache etwas, weil
- es meiner inneren Motivstruktur entspricht
- ich es gern mache
- es Spaß macht
- es mich interessiert
- es mich herausfordert
Ich tue es, weil ich es tun will!
Menschen, die intrinsisch motiviert sind, ist folgendes besonders wichtig:
- 1. Wunsch nach Autonomie (eigene Ideen, Lösungen selbst erarbeiten)
- 2. Streben nach Meisterschaft (an der Aufgabe wachsen, immer besser werden
- 3. Sinn (etwas Größeres unterstützen)
Das klingt jetzt etwas abgehoben und sehr theoretisch. Deshalb möchte ich es gern noch etwas plastischer darstellen.
1.Wunsch nach Autonomie
Stellt euch einmal ein etwa fünfjähriges Kind vor. Es möchte gern Fahrrad fahren lernen. Die Eltern nehmen jetzt ihre eigenen Fahrräder und zeigen dem Kind, wie sie selbst Fahrrad fahren. Wird das Kind jetzt voller Begeisterung versuchen, sein eigenes Rad zu fahren? Vielleicht einmal. Was wird sehr wahrscheinlich passieren? Es fällt hin! Vielleicht probiert es auch ein zweites mal, sein Rad zu bezwingen. Aber es wird sicher wieder hinfallen.Was glaubt ihr, wird es weiter motiviert sein, Rad fahren zu lernen? Ich fürchte, es wird total frustriert sein.
Wenn es allerdings von den Eltern unterstützt wird, eigene Erfahrungen zu machen und sie dabei liebevoll und langsam Schritt für Schritt weiter „loslassen“, dann wird es immer sicherer werden. Es wird erst langsam fahren, dann immer schneller und möglicherweise traut es sich irgendwann ein paar Kunststücke zu. Es wird vielleicht mit einer Hand fahren oder sogar freihändig.
Autonomie heißt für mich nicht, alles komplett allein können und machen zu wollen. Für mich bedeutet es, nicht alles „vorgekaut“ zu bekommen. Wir wollen uns zwar ausprobieren, eigene Erfahrungen sammeln und Entscheidungen selbst treffen, das aber in sinnvollem Ausmaß. Ein paar Regeln dürfen und müssen vorhanden sein. In diesem Beispiel könnte dies heißen: Helm ist Pflicht, geübt wird auf einem Schulhof, zu Beginn halten die Eltern das Kind fest und wenn sie selbst ein gutes Gefühl haben, dann vertrauen sie auf das Gleichgewichtsgefühl des Kindes. Und wenn die Sicherheit da ist, dass nichts Schlimmes passieren kann, dann werden die Regeln gelockert. Es darf zum Beispiel auch außerhalb des Schulhofes gefahren werden. Irgendwann ist das Kind dann auch ohne die Eltern unterwegs. Andere Regeln bleiben aber auf jeden Fall bestehen, wie zum Beispiel das Tragen des Helmes.
Ein Beispiel aus dem beruflichen Kontext gewünscht? Aber gerne.
In meiner Zeit als Geschäftsführerin eines Unternehmens im Sondermaschinenbau hatten unsere Kunden den Bedarf nach Maschinen für den Einsatz bei -60°C. Das war eine ganz neue Herausforderung, denn bis zu diesem Zeitpunkt konnten unsere Geräte nur bis -29°C eingesetzt werden. Wir entschieden uns, dem Kundenwunsch zu entsprechen und unsere Technik dementsprechend zu entwickeln. Der Konstruktionsleiter erhielt somit den Auftrag, mit der Entwicklung zu beginnen.
Ich ließ ihm ganz bewußt freie Hand und freien Entwicklungsspielraum. Es gab nur zwei Randbedingungen: Test der Einheit in einer Kältekammer und einen zeitlichen Endtermin, der allerdings gemeinsam abgestimmt worden war. Bei dem Rest hatte er freie Entscheidungsgewalt. Ich war mir sicher, dass er dies auch ohne meine Einmischung (oder gerade weil ich mich nicht einmischen würde) perfekt realisieren würde. Ich gab somit einen großen Vertrauensvorschuss und legte Wert auf seine autonome Handlungsweise. Hat alles reibungslos funktioniert? Ging mein Plan auf?
Er ging auf! Bis auf die Ablaufplanung der Testdurchführung hat alles wunderbar geklappt. Und der Fehler, der ihm bei der Planung des Testes in der Kältekammer unterlaufen ist, nämlich keinen richtigen Plan für den Ablauf zu haben, ist ihm in den folgenden Jahren nie wieder passiert und den Kollegen auch nicht. Es war im ersten Augenblick ärgerlich, weil wir den Test komplett wiederholen mussten und unsere Erkenntnisse aus dem ersten Test technisch nicht verwertbar waren. Aber ich weiß, dass er sich damals viel mehr geärgert hat, als ich es tat. Und rückblickend betrachtet war der Lerneffekt für alle Mitarbeiter gigantisch.
Und da sind wir schon beim zweiten Punkt, dem Streben nach Meisterschaft, der für die intrinsische Motivation entscheidend ist. Dieser Mitarbeiter setzte alles daran, ein technisch und preislich interessantes Produkt für den Kunden zu entwickeln. Er sorgte dafür, dass die Temperaturanforderung erfüllt wurden. Zudem achtete er darauf, dass die Maschinen preislich attraktiv und für die Kollegen gut zu montieren waren. Er informierte sich bei Lieferanten, schaute, was die Marktbegleiter einsetzten und bezog seine Kollegen in die Entwicklung mit ein. Er lernte dazu und es machte ihm Spaß. Es war dabei nicht sein Anliegen, als der alleinige Könner angesehen zu werden. Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass ihm die resultierende Anerkennung egal gewesen wäre.
Durch dieses Verhalten erfüllte er selbst den dritten Punkt der intrinsischen Motivation (Sinn erfüllen). Das Unternehmen konnte die neuen Kundenforderungen erfüllen und wurde somit noch erfolgreicher. Es ergaben sich völlig neue Vertriebsmöglichkeiten und die Fertigung wurde weiter ausgebaut. Das Unternehmen wuchs und die Arbeitsplätze waren wieder ein Stück sicherer geworden und es kamen neue hinzu. Durch seine Arbeit war ein weiterer Meilenstein in der Unternehmensentwicklung erreicht worden.
In den Jahren meiner Berufstätigkeit konnte ich immer wieder feststellen, dass die Mitarbeiter eigene Ideen und Lösungen entwickeln möchten. Wenn wir ihnen diesen Raum geben, dann können großartige Dinge entstehen. Sie haben, bis auf ganz wenige Ausnahmen, den Drang, sich selbst zu verbessern und an ihren Aufgaben zu wachsen, Wir sollten also immer schauen, welche Aufgaben wir wem übertragen. Kann diese Person dies ohne unsere permanente Einmischung vielleicht sogar viel besser erledigen?
Keine intrinsische Motivation?
Ihr habt versucht, dem Wunsch nach Autonomie und dem Streben nach Meisterschaft nachzukommen. Aber irgendwie hat das in der Praxis überhaupt nichts gebracht. Ihr spürt, euer Mitarbeiter ist definitiv nicht intrinsisch motiviert. Ist dann Hopfen und Malz verloren? Müsst ihr euch jetzt von dem Mitarbeiter trennen? Ist er ein unverbesserlicher Störenfried? Passt er einfach nicht ins Team? Oder ist er, wie es Suzanne Grieger-Lange formulieren würde, eine Pfeife?
Als Vorgesetzte wollt ihr euch sicher nicht so schnell geschlagen geben! Ihr sucht nach eurem eigenen richtigen Führungsstil. Da habe ich eine gute Nachricht für euch. Es gibt erstens keinen allgemein gültigen optimalen Führungsstil, sondern immer einen situativen Führungsstil. Und zweitens könnt ihr als Leader mit Herz auch einem momentan unmotiviertem Teammitglied auf die Sprünge helfen.
Ihr dürft dafür erst einmal wahrnehmen, in welchem Zustand befindet sich die Person gerade? Hierbei bitte auf den mentalen, den emotionalen und den physischen Zustand achten. Was verstehe ich darunter?
Der physische Zustand ist am einfachsten wahrzunehmen. Wie sitzt, steht oder bewegt sich die Person? Energetisch oder eher kraftlos? Mental bedeutet, welche Gedanken beherrschen den Menschen tagtäglich. Wie spricht er mit sich selbst. Was glaubt er über sich, was hält er für möglich und was nicht. Der emotionale Zustand äußert sich in den Gefühlen. Ist die Person gerade glücklich, lustig, traurig oder etwa niedergeschlagen?
Um diese Zustände bei jemandem wahrnehmen und erkennen zu können, muss ich in ehrlichen und offenen Kontakt gehen. Ich darf mich wirklich für diese Person interessieren. Das kostet Zeit, aber wenn ihr euch diese Zeit nehmt, könnte sie sich sehr bezahlt machen.
Um das Verhalten eines Mitarbeiters in die richtige Richtung lenken zu können, solltet ihr somit auf den mentalen, emotionalen und physischen Zustand achten. Kurzfristig ist eine Motivationsänderung durch die bewußte Änderung eines dieser Zustände möglich. Probiert einmal folgendes aus: Stellt euch aufrecht hin und reißt die Arme hoch wie ein Sieger. Ihr könnt es noch durch einen Jubelschrei unterstützen. Wie fühlt ihr euch jetzt? Einfach gut, oder? Dabei könnt ihr einfach nicht niedergeschlagen oder traurig sein. Wenn du einen Zustand änderst, dann änderst du alle.
Für eine langfristige Steigerung der Motivation bedarf es etwas mehr Einsatz. Wenn ihr die physischen und emotionalen Zustände erfasst habt, geht es an die mentale Seite. Hier ist wesentlich mehr Aufwand nötig, um etwas erkennen, beziehungsweise erfahren zu können. Wie könnt ihr erfahren, welche Glaubenssätze euer Mitarbeiter in sich trägt? Wie spricht er den ganzen Tag mit sich selbst? Ihr könnt ja schlecht ein Mikrophon in seinem Kopf installieren.
Da muss ich jetzt etwas weiter ausholen und ein paar Modelle erklären.