Heute möchte ich über einen anderen Bereich unserer Gesellschaft sprechen, der gerne mal in Vergessenheit gerät und viel zu häufig nicht auf großer Bühne stattfindet. Es geht um den weiten Bereich der Jugendarbeit. Um die zum großen Teil ehrenamtliche Betreuung, Förderung und Unterstützung Kinder und Jugendlicher, um Freiwilligkeit und den Willen, etwas zu bewegen.
Jugendarbeit ist eigentlich ein klassisches Tätigkeitsfeld der Sozialen Arbeit. Sie ist heute ein unentbehrlicher Bestandteil der sozialen Infrastruktur. So lautet zumindest die Definition bei der freien Online Enzyklopädie Wikipedia. Ich selbst bin seit etwa zehn Jahren in der Jugendarbeit aktiv tätig. Im Vergleich zu vielen meiner Bekannten kam ich erst relativ spät in den Genuss der aktiven Jugendarbeit. Umso mehr kann ich mittlerweile den Wert erkennen und schätze diese Arbeit sehr. Ich war Gruppenleiter im Zeltlager, betreue eine wöchentliche Gruppenstunde mit Kindern bei den Pfadfindern, bin Trainer und Coach in der Ausbildung neuer Gruppenleiter nach Juleica-Richtlinien und für inhaltliche Fortbildungen in Gemeinden und Vereinen. Was eine Juleica ist, fragen Sie sich?
Juleica ist die Kurzform für Jugendleiter-Card. Sie ist der bundesweit einheitliche Ausweis für ehrenamtliche Mitarbeiter in der Jugendarbeit. Damit dient sie zur Legitimation und als Qualifikationsnachweis der Inhaber. Für ihre fortdauernde Gültigkeit müssen regelmäßig Fortbildungen besucht werden.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass die Jugendarbeit von der wirtschaftlichen, „erwachsenen“ Welt allenfalls belächelt wird. „Ah, da spielt ihr ja eh nur nette Spielchen“ oder „Die Jugendlichen sollen lieber mehr Zeit zum Lernen aufwenden, damit sie mal einen guten Job bekommen“ oder „Das ist doch Zeitverschwendung, wenn man für diesen ,Lohn’ arbeitet“ sind Sätze, die mir immer wieder begegnen, wenn ich mit Menschen darüber spreche. Das macht mich traurig und ein bisschen wütend, denn die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist so viel mehr, als nur Zeit- und Geldverschwendung. Es ist eine Investition in die Zukunft. In die Zukunft der Jugendlichen, in die Zukunft unserer Gesellschaft und auch in die eigene Zukunft.
Es geht nicht nur um lustige Spiele. Es geht viel mehr um Persönlichkeitsbildung, Selbst- und Fremdwahrnehmung, Arbeiten im Team, Führungs- und Leitungsstile, Gemeinschaft, Selbsterfahrung, Nähe und Distanz, Kindeswohl, Rechte und Pflichten, konstruktives Scheitern, Spiritualität, wertschätzende Kommunikation und eine positive Feedbackkultur, um Spielepädagogik, ja sogar um Erlebnispädagogik und Notfallmanagement.
Viele Unternehmen klagen darüber, dass die frisch ausgebildeten Arbeitnehmer nur noch partielles Wissen zeigen, Selbstüber- oder Unterschätzung und mangelnde Kritikfähigkeit sind die Regel. Wo die inhaltsorientierte schulische Ausbildung an ihre Grenzen kommt, kann die Jugendarbeit viele der von wirtschaftlichen Unternehmen geforderten Softskills vermitteln.
Und wie es mit den meisten Tätigkeiten im Leben ist, macht Übung den Meister. So ist es natürlich auch mit den Kompetenzen. Je früher wir beginnen, uns eine Kompetenz anzueignen und je länger wir sie erproben, desto besser werden wir. Wer also Mitarbeiter haben möchte, die selbstreflektiert, team- und kritikfähig, kreativ und neugierig, offen und einfühlsam, flexibel, konfliktfähig und kommunikativ sind, der sollte investieren. Investieren in die Jugendarbeit. Der Grundstein für all diese Softskills/Kompetenzen kann schon sehr früh gelegt werden und darauf immer weiter aufgebaut werden.
Das Leben besteht bekanntlich aus Licht und Schatten. Mir hat Jugendarbeit eine Menge Licht in mein Leben gebracht. Es hat mir neue Wege erleuchtet, Möglichkeiten geschaffen und mich vor dunklen Bereichen bewahrt. Ich konnte viel über mich selbst lernen, weil ich mich ausprobieren durfte, scheitern konnte und von einem sicheren Netz aufgefangen wurde. Durch die Arbeit mit so vielen unterschiedlichen jungen Menschen habe ich gelernt, jeden mit seiner Art anzuerkennen. Ob ich gut mit ihm auskomme, ist eine andere Sache. Aber ich kann den Menschen vor mir bedingungslos akzeptieren und ihn durch eine goldene Brille sehen. Ich erkenne an, dass jeder Mensch mit seinen eigenen Problemen im Rucksack durch die Welt wandert. Bei dem einen ist der Rucksack schwerer, bei dem anderen leichter. Doch jeder Mensch hat seine Probleme und bringt sie bewusst oder unbewusst mit in eine soziale Interaktion.
Die aktuelle Corona-Situation trifft auch die Jugendarbeit mit voller Wucht. Bis Juni sind bereits fast alle Aktivitäten und Freizeitangebote abgesagt, Treffpunkte können nicht mehr genutzt werden, Aus- und Fortbildungen müssen verschoben oder ersatzlos gestrichen werden, vor einem Jahr getätigte Buchungen für Häuser wieder storniert werden. Der unentbehrliche Bestandteil der sozialen Infrastruktur bricht zusammen. Und wie es in den nächsten Wochen und Monaten aussehen wird, vermag auch noch niemand abzuschätzen. Vielleicht werden in den Sommerferien die beliebten Ferienfreizeit und Zeltlager auch abgesagt, für viele Kinder ein Highlight der schulfreien Zeit.
Doch wissen Sie, was das Herausragende an der Jugendarbeit ist? Sozial ist man nicht des Geldes wegen, sondern aus Liebe! Und so sind es viele lokalen Jugendgruppen, Verbände und Ehrenamtliche, die meist unentgeltlich soziale Angebote wie Einkaufsdienste und sonstige Hilfen anbieten.
Die Finanzierung unserer Angebote war schon immer eine Herausforderung. Sie ist oft nur durch Zuschüsse von Städten, Landkreisen, (Förder-) Vereinen und anderen Fördertöpfen möglich. Es wird in dieser Krise aber nicht wie bei so vielen großen Unternehmen gemeckert oder sich beklagt, niemand schreit nach Mietminderungen, Stundung oder einem staatlichen Rettungsschirm.
Die Kontaktverbote betreffen unsere normale Arbeitsweise stark und machen sie in der bisherigen Form unmöglich. Es wird jedoch unentwegt nach Lösungen und neuen Möglichkeiten gesucht, niemand steckt den Kopf in den Sand. Innerhalb kürzester Zeit haben sich zum Beispiel verschiedenste kirchliche Verbände zusammengetan und eine Webinar-Reihe ins Leben gerufen, um den jungen Menschen weiterhin Fortbildungen anbieten zu können. Es entstehen Podcasts, Videos werden produziert, die Social-Media Kanäle werden stärker frequentiert, um den Menschen Nützliches und Schönes zu bieten. Wie so oft kostenlos oder für einen lächerlich geringen Kostenaufwand. Neue Vereine werden gegründet, um den Jugendlichen weiterhin zu helfen und sie in Dingen mit Mehrwert zu unterstützen.
Und wo möchte ich jetzt mit diesem Artikel hin? Ich möchte Sie schlicht und ergreifend sensibilisieren. Sensibilisieren dafür, dass so viele Menschen um uns herum ständig großartiges leisten, ohne dafür etwas zu verlangen. Es gibt auch schon viele Unternehmen, die Gemeinden und Gruppen finanziell oder materiell unterstützten. Ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank ausrichten! Ohne Unterstützer wie Sie könnte Jugendarbeit in vielen Orten nicht in dem Maße stattfinden.
Des Weiteren möchte ich Sie ermutigen, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Schauen Sie doch mal, welche Arten der Jugendarbeit es in Ihrer Umgebung gibt und was sie alles leisten. Gruppenstunden, Zeltlager, Freizeitaktionen, Müllsammelaktionen, Juleica-Kurse, Pfadfinder, Malteser, DLRG und noch viel viel mehr. Und ich möchte Sie ermutigen darüber nachzudenken, ob Sie nicht die Jugendarbeit in Ihrer Umgebung irgendwie unterstützen können. Selbst Kleinigkeiten können hier so viel bewegen und das Leben aller um ein Vielfaches bereichern.
Wir von der ISOfee Akademie planen auch uns weiter in diesem Feld zu engagieren. Wir möchten Seminare für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen anbieten, mit Jugendgruppen und Jugendbüros kooperieren und mit Vereinen zusammen arbeiten. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam in unserer Gesellschaft das Soziale nicht vergessen. Gehen wir gemeinsam Seite an Seite und helfen einander, zeigen Empathie und Nächstenliebe. Denn sozial ist man nicht des Geldes wegen, sondern aus Liebe.
Sie wollen nun die Jugendarbeit auch oder noch weiter unterstützen, wissen aber nicht genau wie und wo am besten? Sie haben selbst einige Ideen, wie Sie unsere Jugend noch weiter voran bringen können und suchen nach einem Kooperationspartner? Melden Sie sich gerne bei uns, vielleicht können wir Sie ja mit einigen Gruppen, Gemeinden oder Projekten in Kontakt bringen, ein ehrenamtlicher Vermittler sein oder mit Ihnen zusammen ein Projekt ins Leben rufen. Wir würden uns sehr freuen von Ihnen zu hören!