Eine langweilige Besprechung, es zieht sich mal wieder in die Länge und Sie starren in müde Gesichter. Ihr Nachbar muss gähnen, Sie steigen mit ein und kurze Zeit später hat das ansteckende Gähnen den ganzen Raum durchquert. Sie sitzen im Kino, im Film taucht eine traurige Szene auf und Ihnen läuft eine Träne über die Wange. Jemand betritt fröhlich und laut lachend den Raum, schaut Sie an und Sie müssen unweigerlich grinsen und bekommen gute Laune. Kommt Ihnen das bekannt vor? Bestimmt haben Sie auch schonmal einen Satz wie „Deine Laune ist ja wirklich ansteckend!“ gehört oder selbst gesagt. Mitverantwortlich für dieses Anstecken mit Emotionen und Verhalten sind unsere Spiegelneuronen.
Einfühlsame Nervenzelle
Neuronen, auch Nervenzellen genannt, sind eine spezielle Art von Körperzellen. Sie sind auf die Erregungsleitung und Erregungsübertragung spezialisiert und für den Austausch von Informationen essentiell. Spiegelneuronen sind eine weitere Unterform von Nervenzellen mit einer speziellen Eigenschaft. Im Jahr 1992 wurden diese Zellen erstmals vom italienischen Wissenschaftler Giacomo Rizzolatti und seinem Team entdeckt und beschrieben, und zwar bei Makaken. In seinen Untersuchungen fiel dem Wissenschaftler auf, dass gewisse Neuronen im Großhirn bei körperlichen Handlungen aktiv waren. Und das sowohl bei einer selbst durchgeführten Interaktion zwischen der eignen Hand und einem Objekt, als auch bei der Beobachtung dessen bei einem anderen Tier. Kurz gesagt reagierten die Messgeräte nicht nur, wenn der Affe nach einer Nuss griff, sondern auch, wenn der Affe nur einen Artgenossen oder einen Forscher dabei beobachtete.
Die Zellreaktion auf das Verhalten eines Anderen wurde als spiegeln interpretiert, woraufhin diese Nervenzellen fortan als „Spiegelneuronen“ bezeichnet wurden. Im Jahr 2010 konnte die Aktivität der Spiegelneuronen auch erfolgreich direkt im menschlichen Gehirn nachgewiesen werden, womit aus der jahrelangen Vermutung Gewissheit wurde. Die Forschungsergebnisse von Giacomo Rizzolatti können somit auch auf den Menschen und sein Verhalten übertragen werden. Nachdem anfänglich die Meinung vorherrschte, nur Handlungen würden die speziellen Neuronen aktivieren, werden nach heutigem Forschungsstand die Aktivierungsimpulse auf Gefühle, Emotionen und sogar akustische Signale erweitert.
Damit wird deutlich, dass Spiegelneuronen ohne bewusste Steuerung funktionieren und ihr ansteckender Effekt ohne nachzudenken funktioniert. Die Nervenzellen bewirken, dass wir beobachtete Gefühle nachempfinden können und ein beobachtetes Verhalten intuitiv nachahmen. Wenn wir unsere Körpersprache mit jemandem unbewusst harmonisieren und sie imitieren, finden wir jemanden sympathisch. Dementsprechend werden Spiegelneuronen auch als Simulations- und Empathieneuronen beschrieben. Wichtig ist dabei aber, dass die Neuronen nur auf uns bekanntes Verhalten reagieren oder wenn das Verhalten zum eigenen Repertoire gehört. Damit eine emotionale Ansteckung gelingt, müssen wir auf Vorerfahrungen in dem Bereich zurückgreifen können.
Resonanzphänomen
Je ähnlicher sich Menschen sind und je mehr Gemeinsamkeiten sie haben, desto eher stimmt die Chemie zwischen ihnen. Spiegelneuronen sind nicht nur beim Einfühlungsvermögen und bei Mitgefühl relevant, sie spielen auch in der Sympathie eine Rolle. Denn wer uns imitiert, den mögen wir – und natürlich umgekehrt. Dieses Phänomen nennt man in der Forschung Resonanzphänomen. Menschen, die sich mögen, gleichen unbewusst ihre Körpersprache an, nutzen in gemeinsamer Kommunikation dieselben Worte oder imitieren unbewusst die Mimik ihres Gegenübers.
Sie stellen einen Rapport her (eine Verbindung bzw. harmonische Wechselbeziehung). Wir können aber auch subtil Sympathien wecken, indem wir eben die Körpersprache, Gestik und Mimik unseres Gegenübers nachahmen.
Darin besteht auch eine gewisse Gefahr der Manipulation. Wir können nicht immer genau sagen, wann unser gegenüber ein authentisches Verhalten zeigt und welches Ziel damit verfolgt wird. Wenn Sie beispielsweise über den Scherz eines Vorgesetzten lachen, kann der Witz wirklich lustig gewesen sein, oder Sie wollen seine Gunst behalten oder gewinnen.
Harmonie bringt Verbundenheit
Der Mensch mag es, als individuelles Wesen angesehen zu werden. Sozialpsychologen sprechen von einem menschlichen Bedürfnis danach, einer Gruppe anzugehören und in irgendeiner Form gespiegelt zu werden. Unser Handeln orientiert sich dabei häufig an ein paar wenigen Leitmotiven wie Sicherheit, Kontrollbedürfnis und Wohlbefinden. Durch eine gewisse Anpassung und Angleichung erreichen wir eine Verbundenheit mit unserem Umfeld und versuchen unsere Leitmotive zu befriedigen. Die Spiegelneuronen können unser Harmoniebedürfnis dahingehend stillen. Das führt dazu, dass wir uns in vielen Bereichen unseren Mitmenschen nach und nach immer mehr anpassen und Teil einer Gruppe werden, sei es im Musikgeschmack, bei der Mode, bei Literatur und Musik oder in Sportvereinen und vielem mehr.
Der Wunsch nach Anpassung und Zugehörigkeit lässt sich auch in vielen anderen Lebensbereichen wiederfinden. Denken Sie nur mal an das einheitliche Aussehen mancher Reihenhaussiedlungen, wo zum Beispiel die Vorgärten und Fassaden einander stark ähneln. Auch in Betrieben gibt es häufig einen Dresscode, dem sich die meisten Mitarbeiter unbewusst angleichen.
Für gewöhnlich suchen wir uns im privaten Kontext Gruppen mit ähnlichen Interessen und Werten, wir übernehmen aber auch unbewusst die Sichtweisen der anderen. Dadurch kann sich auch unser Meinungsbild ändern und dem der Gruppe anpassen. Durch diese Gleichheit haben wir das Gefühl, uns verstehen die Gruppenmitglieder besser als Außenstehende.
Empathie muss erlernt werden
Die bloße Existenz der Spiegelneuronen genügt allerdings nicht, um Gefühle wirklich nachempfinden zu können. Woran liegt es also, dass sich manche Menschen besonders gut in andere hineinversetzen können? Weil sie es gelernt haben. Und das schon sehr früh als Kind.
Bei der Entwicklung unseres Gehirns wurden die Spiegelneuronen schon als eine Art Grundausstattung für die Entwicklung von Empathievermögen mit angelegt. Forscher vermuten, dass die Neuronen bereits bei Babys aktiv sind. Im ersten Lebensjahr beginnen sie ihre Umwelt aktiv wahrzunehmen und mit ihr in Interaktion zu treten. Babys reagieren beispielsweise aktiv auf die Emotionen ihrer Eltern (Frohsinn, Trauer oder Wut) und lächeln zurück, wenn sie angelächelt werden. Sie schaffen es dadurch einen Rapport herzustellen.
Um zu lernen, wie Gefühle richtig nachempfunden und interpretiert werden können, benötigen wir einen sozialen Interaktionspartner. Babys lernen dies und die zwischenmenschliche Kommunikation für gewöhnlich von ihren direkten Bezugspersonen wie den Eltern. Treten bei diesem Lernprozess allerdings schlechte Erfahrungen auf, hat das ebenfalls Auswirkungen auf die Ausprägung der Spiegelneuronen.
In der Pubertät zwischen dem 12. und 15. Lebensjahr verbinden sich laut Hirnforschung Empathie und Spiegelneuronen erneut miteinander und strukturieren sich in einigen Bereichen neu. Kommt es in dieser prägenden Phase der Jugend zu Gewalt, Vernachlässigung und emotionaler Kälte, können diese Jugendlichen im Folgenden schwerer echte Anteilnahme oder Vertrauen zu anderen Menschen entwickeln. Diese Prägungen und Erfahrungen können uns ein Leben lang begleiten und blockieren.
Bewusste Wahrnehmung fördert bewusstes Handeln
Empathie und Einfühlungsvermögen wird aber nicht nur durch die Spiegelneuronen gesteuert. Das zwischenmenschliche Miteinander läuft im Gehirn auf vielen Ebenen gleichzeitig ab. Durch die Spiegelneuronen wird eben eine dieser Ebenen bedient und eine Art Grundstein im Verständnis um soziale Interaktion gelegt. Mit dieser Art der Nervenzellen werden beobachtete Handlungen registriert und Aktionen anderer nachvollziehbar gemacht. Um uns aber komplett in eine handelnde Person und ihre Emotionen hineinzuversetzen, bedarf es weiterer Mechanismen.
Das Wissen um die Spiegelneuronen und ihre Funktion hilft jedoch beim Verständnis darüber, weshalb wir bewusst auf unser Handeln schauen sollten. Gehen wir beispielsweise aggressiv in Verhandlungen hinein, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass unser Gegenüber unser Verhalten spiegeln wird und ebenfalls aggressiv mitverhandelt. Sind wir hingegen respektvoll, freundlich und versuchen Verständnis aufzubringen, wird unser Umfeld darauf entsprechend positiv und konstruktiv reagieren.
Getreu dem Motto „Wie man in den Wald ruft, so schallt es wieder heraus“ sollten wir selbst die Verantwortung für unser Handeln und unsere Emotionen übernehmen. Viel zu oft stecken uns andere Menschen mit ihren negativen Denkweisen und Emotionen an, ohne dass wir es merken. Am Abend stellen wir uns dann die Frage: Weshalb war ich heute so schlecht drauf, obwohl doch alles gut lief? Das könnte an unserem Umfeld gelegen haben, das uns unbewusst beeinflusst hat und dessen Befürchtungen wir in unser System übernommen haben.
Wir beeinflussen durch unser Handeln und Verhalten gleichzeitig aber auch unsere Mitmenschen. Wenn Sie sich das einmal bewusst gemacht haben, möchten Sie dann der Grund sein, weshalb andere Menschen schlechte Laune haben? Oder wollen Sie lieber der Auslöser sein, warum Ihr Gegenüber ein breites Grinsen auf dem Gesicht hat und vor Freude strahlt? Wir von der ISOfee Akademie wollen für letzteres stehen und in möglichst vielen Lebensbereichen erfolgreich für Spaß und positive Gefühle sorgen. Nicht umsonst ist ein häufig wiederholter Satz bei uns „Arbeit darf Spaß machen!“. Seien auch Sie die Veränderung, die Sie in der Welt möchten. Auch wenn es nur im Kleinen durch ein bisschen bessere Laune ist. Denn eine bewusste Wahrnehmung bildet die Grundlage für ein bewusstes Handeln.