Gruppen- und Teamphasen

Was versteht man unter Gruppen?

Eine Gruppe wird von einer kleinen, mehr als zwei Personen umfassenden Mitgliederzahl gebildet. Sie ist gekennzeichnet durch gewisse Eigenschaften. Die Mitglieder haben ein gemeinsames Interesse, häufige Kontakte, eine wechselseitige Kooperationsbereitschaft, ein relatives Zusammengehörigkeitsgefühl und eine relative Dauerhaftigkeit.

Menschen bilden aus den unterschiedlichsten Gründen eine Gruppe. Im Berufsleben können wir uns nicht immer aussuchen, mit wem wir zusammenarbeiten. Wir arbeiten in Abteilungen mit Kollegen zusammen, werden für Projekte in neue Teams eingeteilt, wechseln in neue Bereiche oder auch andere Unternehmen.

Jeder Mensch ist sein Leben lang Mitglied verschiedener Gruppen. Diese nehmen in unterschiedlicher Weise Einfluss auf sein Verhalten und prägen ihn so nachhaltig. Je nach Gruppe und Zugehörigkeitsgefühl geschieht dies mal stärker und mal schwächer. Weil eine Gruppenzugehörigkeit unterschwellig ein gewisses Rollenverhalten einfordert, verhalten wir uns in einer Gruppe meist anders, als wir es alleine tun würden.

Gruppen- und Teamphasen - Der Mensch als dynamisches Wesen

Jede Gruppe hat ihre eigene Verhaltensvorschrift. Wechseln wir von der einen in die andere, wechseln wir auch unser Verhalten. Dies kann manchmal zu Problemen führen, sollten wir den Übergang nicht ganz schaffen. Es kommt zu einer Rollendiffusion und wir schleppen das Verhalten aus der einen Gruppe in die nächste mit. Dieses Rollenspiel in der parallelen Zugehörigkeit zwischen den alltäglichen Gruppen (wie Arbeit, Familie, Freundeskreis, Sportverein usw.) ist eine schwierige soziale Aufgabe. Von uns wird ein hohes Maß an Flexibilität in diesen dynamischen Prozessen abverlangt.

 

Was Gruppen und Teams unterscheidet

Ein Team ist natürlich eine Form von Gruppen, genauer gesagt eine Arbeitsgruppe. Definitorisch können wir aber sagen, dass es einige kleine Feinheiten zu unterscheiden gibt. Im Idealfall herrscht in einem Team, im Gegensatz zu einer normalen Arbeitsgruppe, eine größere Korrelation bezüglich ihrer Effizienz, ihren Werten, der Arbeitskultur und im Selbstverständnis als Arbeitseinheit. Es hängt also viel von den einzelnen Gruppenmitgliedern ab, ob sie sich zu einem konstruktiven Team entwickeln oder eine „einfache“ Gruppe bleiben.

Jede Gruppe unterliegt dabei einer ständigen Dynamik, wodurch sie in der Regel dem einzelnen Individuum überlegen ist. So können mehr wirtschaftliche und körperliche Kraftreserven mobilisiert werden, Verhaltensnormen werden schneller als Standard angesehen und Lösungen für Probleme werden schneller gefunden.

 

Phasenmodell nach Tuckman

Unabhängig, ob es sich um eine Arbeitsgruppe oder ein Team handelt, besitzt jede Gruppe die oben beschriebenen Merkmale. Des Weiteren können noch mehr Grundstrukturen in allen Gruppen gesehen werden. So entwickelte der mittlerweile verstorbene amerikanische Psychologe Bruce Tuckman bereits Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ein Phasenmodell, welches jede Gruppe zu durchlaufen scheint.

Tuckman bespricht dabei vier aufeinanderfolgende Phasen für die Entwicklung von Gruppen, von „Forming (Orientierungsphase), Storming (Konfliktphase), Norming (Organisierungsphase) und Performing (Leistungsphase)“. Die fünfte Phase, „Adjourning (Abschiedsphase)“, betreffe nur Gruppen, die schon lange zusammen waren. Obwohl es sich um gewisse Gesetzmäßigkeiten handelt, sind die einzelnen Phasen nicht unbedingt in sich abgeschlossen. Die Phasen können sich überschneiden, unterschiedliche Längen haben oder auch eine andere Reihenfolge einnehmen. Es kommt auch vor, dass eine Gruppe in einer Phase steckenbleibt. Sie merken schon, so wie jedes Gruppenmitglied einzigartig ist, so wirkt sich diese Einzigartigkeit auch auf die Gruppe als solche aus. Jede Teamentwicklung folgt den genannten Phasen und ist darüber hinaus einmalig.

Aber was verbirgt sich nun genauer hinter diesen Entwicklungsphasen und was haben Sie als Führungsperson dabei zu beachten?

 

Phase 1: Forming – Orientierungs- und Kennenlernphase

In dieser Phase geht es um das gegenseitige Kennenlernen der Mitglieder. Bei diesem Abtasten wird ein unbewusster Rahmen für weiteres Handeln gesetzt und unbewusst geklärt, wer welche Rolle in welcher Intensität einnimmt, wer mit wem gut zusammenarbeiten kann und wo es Ablehnungen oder zumindest Vorbehalte gibt.

Führungsaufgabe in dieser Phase:

Die Führungskraft sollte das Kennenlernen unterstützen und eine moderierende Rolle einnehmen, ähnlich eines Gastgebers. Sie sollte keine Regeln vorgeben, aber einen bewussten Rahmen setzen. Einen Rahmen, in dem sich jedes Teammitglied wohl fühlen kann und alle gut informiert werden.

 

Phase 2: Storming – Konflikt- oder Machtkampfphase

Nach der Rollenfindung der ersten Teamphase werden nun diese Rollen gefestigt oder neu definiert. Die Gruppenmitglieder konkurrieren um Macht und die besten Aufgaben. Es bilden sich kleine Neigungsgrüppchen und unterschwellige Konflikte können auftreten, die sich je nach Behandlung positiv oder negativ auf die weitere Gruppenentwicklung auswirken können.

Gruppen- und Teamphasen - Phase 2: Storming

Führungsaufgabe in dieser Phase:

Diese Phase ist für eine Gruppe essentiell. Hier werden die Grundsteine für ein funktionierendes Team gesetzt. Können die auftretenden Gefühle wie Frust, Ärger, Angst und Wut nicht in konstruktive Energie umgesetzt und die (unterschwelligen) Konflikte nicht gelöst werden, wird die Gruppe an sich selbst scheitern. Die Energie aus diesen Konflikten ist gut und notwendig, es darf aber nicht zu Anfeindungen und Angriffen auf persönlicher Ebene kommen. Die Führungskraft muss in dieser Phase Vermittler und Schlichter sein, den Fokus auf die Ziele des Teams lenken und mit unparteiischer Sachlichkeit antreiben.

 

Phase 3: Norming – Organisierungsphase

Die Rollen in der Gruppe sind gefestigt und es wird lösungsorientiert und offen miteinander kommuniziert. Das im besten Fall entstehende Wir-Gefühl lässt die Stärken und Talente der einzelnen Mitglieder wirksam in den Vordergrund treten. Es bilden sich immer mehr konstruktive Prozesse und Regeln heraus, wodurch das Team unter anderem Konflikte selbst regulieren kann.

Führungsaufgabe in dieser Phase:

Die Führungskraft sollte immer mehr die Rolle eines Beraters einnehmen. Sie begleitet das Team nun beim Finden von Regeln und achtet auf deren Einhaltung. Nach und nach sollte sie immer mehr Verantwortung an das Team abgeben und sich entbehrlich machen.

 

Phase 4: Performing – Leistungsphase

Die Gruppe ist gut aufeinander eingespielt und kann effizient eigenständig arbeiten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen und Höchstleistungen zu vollbringen. Die Strukturen, Normen und Werte sind von der Gruppe akzeptiert und werden gelebt, Konflikte werden beispielsweise in Teamsitzungen offen angesprochen und gelöst.

Führungsaufgabe in dieser Phase:

Das Team organisiert sich größtenteils selbst und die Führungskraft kann sich bei Bedarf weiter als Unterstützung anbieten. Durch ein Qualitätsmanagement kann einer Reduzierung der Leistung entgegengewirkt werden, weil sich einige Mitglieder vielleicht zu sehr auf den bisherigen Erfolgen ausruhen. Sie sollten die gemeinsam erreichten Ziele aber gebührend feiern und die Mitarbeiter loben, um die positive Arbeitsmoral aufrecht zu erhalten. Um das Team weiter zu fordern, sollten auch weitere Herausforderungen geschaffen werden.

 

Phase 5: Adjourning – Abschiedsphase

Wie schon weiter oben erwähnt ist diese Phase nicht für alle Gruppen relevant. Wohl aber für die, die länger zusammen gearbeitet haben und zum Beispiel nach Abschluss eines Projektes wieder getrennte Wege gehen und in ihre normalen Bereiche zurückkehren. Die Gruppenmitglieder können sehr unterschiedlich mit dem Abschied umgehen. Die einen trauern der gemeinsamen Zeit vielleicht nach, die anderen wiederum freuen sich auf neue Aufgaben.

Führungsaufgabe in dieser Phase:

Die Führungskraft sollte die Gefühle der Teammitglieder ernst nehmen. Sie sollten gemeinsam das erreichte Ziel feiern und reflektieren, was jeder Einzelne zu diesem Erfolg beigetragen hat. Konstruktive Kritik kann an dieser Stelle auch geäußert werden, um Lösungswege für die Zukunft noch weiter optimieren zu können. Bringen Sie füreinander Wertschätzung und Anerkennung auf und gehen mit einem guten Gefühl auseinander.

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